Der Caminopilger hat am 29.08.2023 Le Puy-en-Velay gehenden Fußes erreicht.

*Siebenmeilenstiefel bezeichnen in der Mythologie Stiefel mit Zauberkraft, die dem Träger die Fähigkeit verleihen, in kurzer Zeit weite Entfernungen zurückzulegen.

Dienstagnachmittag, 29.08.2023:

Die Camino-Euphorie der in Le Puy beginnenden Pilger kann ich nicht mehr teilen.

Stadtrundgang in Le Puy-en-Velay
Eingang zur Kathedrale

Ich suche in den schönen Gassen tatsächlich keinen Pilgerkontakt, obwohl ich in den Wochen zuvor quasi förmlich danach lechzte. Hier in Le Puy scheint der Chemin Saint Jacques in Richtung Spanien Hochkonjunktur zu haben.

welche großartige Baukunst in Le Puy

An so mancher Ecke der stolzen Stadt sehe ich mit Jakobsmuscheln verzierte Rucksäcke und blicke mit einigem Abstand in Gesichter, die voller Vorfreude sind.

Gasse in Le Puy-en-Velay

Bei mir stellt sich, neben der Freude und dem Stolz es bis Le Puy als Fußpilger geschafft zu haben, auch eine gewisse Leere ein.

buntes Treiben in der Stadt

Mein Körper schaltet in den Sparmodus und möchte sich erholen.

Marienstatue Le Puy

Ich atme nach insgesamt 18 Wandertagen ohne Unterbrechung einmal tief durch ohne stundenlang an den nächsten Übernachtungsort denken zu müssen.

Le Puy-en-Velay

Nach dem Stadtrundgang höre ich beispielsweise zum ersten Mal seit Wochen meine geliebte Musik. Tides from Nebula, Marillion und unvermeidbar die Band „from the north side of Dublin“, die mir so sehr viel im Leben bedeutet: U2!

Ein Übergleiten ins fast schon „normale“ Freizeit-/Urlaubsverhalten ist da mehr als ansatzweise erkennbar. Mit Mühe schaffe ich es vorab zwei Fotos aus Le Puy mit der Nachricht meiner Ankunft zu posten.

Als Schreibblockade am Pilgerziel muss man das vielleicht nicht unbedingt deuten. Ich weiß ja, dass ich heute im Zug

Pilger auf dem Weg zurück in die Heimat

und am Flughafen in Lyon ausreichend Zeit habe, über den letzten Tag auf meinem diesjährigen Jakobsweg zu berichten und bin selber gespannt, welche Ereignisse und Geschichten ich dabei erzählen werde.

Futuristischer Flughafenbahnhof in Lyon

Auf dem Weg zum Bahnhof lasse ich es ebenfalls langsam angehen, besuche einen Park

Letzter Blick aus dem Park auf die Wahrzeichen von Le Puy

und meide damit weiterhin das bunte Pilgertreiben in der Stadt.

Gare de Le Puy en Velay

Nicht nur ich befinde mich im Zeitlupenmodus … überraschenderweise auch die französische Bahn, die 20 Minuten Verspätung für meinen Zug nach St. Etienne Châteaucreux angekündigt hat.

Da verwöhnt „Mann“ sich doch glatt die zusätzliche Wartezeit mit einem weiteren Cafe und süßem Schoko-Gebäck.

Cafe

Doch so langsam sollte ich mal zu Potte kommen und mit dem Bericht meines letzten Tages auf dem Chemin des Allemandes auch beginnen … .

Der Anfang des gestrigen Tages war im Hinblick auf die kurze letzte Etappe schon einmal frohlockend. Ich blieb einfach länger als vorgesehen im Pilgerbett der Familie Cubizolle liegen.

Nach dem Aufstehen wartete ein überaus großzügiges Frühstück auf mich. Sabine, Frederic, Mélina und auch Titouan erfüllten mir in meiner schönen Zeit in ihrem Haus nahezu jeden Wunsch.

Frühstück deluxe

Es war mir insbesondere eine große Freude von Frederics Bio-Honig naschen zu dürfen, den er als Hobby-Imker in kleinen Mengen für die Familie und Freunde produziert.

Ein „Parfume“, das ich sogar in Form eines randgefüllten großen Glases „Miel“ als Souvenier mit nach Hause nehmen durfte.

Ein weiterer Höhepunkt war für mich das Pflücken von Obst und Tomaten aus dem heimischen Garten der Familie. Alles selbstredend chemiefrei angepflanzt und aufgewachsen, ganz so, wie es Mutter Natur bestimmt hat.

Mélina und Henry

Im Nachhinein erzählte mir Mélina, dass ich bereits der vierte Pilger gewesen sei, den die Familie in ihr Haus aufgenommen habe und sie selbst im Jahr 2022 einige Etappen auf dem Chemin ab Le Puy-en-Velay gelaufen sind. Als Beweis wurde mir stolz ein französisches „Credential“ mit den entsprechenden Stempelabdrücken präsentiert.

Ich wurde damit tatsächlich von Pilgern beherbergt und kann der erfrischend natürlichen Mélina gar nicht genug danken, dass sie es war, die mir dieses Pilgererlebnis in erster Linie ermöglichte.

Zum Abschied schossen wir ein paar Erinnerungsfotos vor dem „Pilgeranbau“ und dann hieß es auch schon „Merci becoup et au revoir“.

Familie Cubizolle und der Caminopilger

Wie liebenswert diese tolle Familie doch ist, konnte man an der abschließenden Geste erkennen. Sie hatten für mich in ihrem Garten einen Becher voller sonnengereifter köstlicher Tomaten geerntet und überreichten mir diese als Proviant für die kurze Etappe nach Le Puy.

Köstliche Bio-Tomaten

Nach all der Trödelei meinerseits lief ich dann endlich gegen 10:00 Uhr los, um an der nächsten Ecke schon wieder Fotos zu knipsen und mit der Welt außerhalb des Jakobsweges zu kommunizieren.

Brombeerfarbene träumerische Motive

Aus meiner Träumerei wurde ich dann plötzlich durch den Anruf der Vermieterin des von mir in Le Puy gebuchten Studios gerissen. Diese teilte mir kurz und knackig mit, dass ich aufgrund ihrer beruflichen Pflichten unbedingt gegen 13:30 Uhr in Le Puy sein müsste um frühzeitig in das Appartement kommen zu können.

Blick zurück auf Saint Paulien

Wollte ich etwa meine verbleibende Zeit auf dem Chemin Saint Jacques künstlich verlängern?

Beim Blick auf die Uhrzeit bemerkte ich, dass ich bei einer verbleibenden Strecke von 13 Kilometern mich schon 30 Minuten im Hintertreffen gegenüber der im Wanderführer angegeben Streckenzeit befand um Le Puy um 13:30 Uhr tatsächlich erreichen zu können.

Wie von der Tarantel gestochen schnürte ich meine Siebenmeilenstiefel noch einmal neu und lief, so schnell ich konnte und die abgelaufenen Vibramsohlen es noch zuließen.

Das letzte Tagesziel: Le Puy-en-Velay

Unzählige fotografisch einfach nicht zu vernachlässigende Motive und zusätzlich, infolge meiner Unachtsamkeit, gelaufene Meter verschlimmerten meinen zeitlichen Druck.

Burg Polignac

Letzendlich lag ich 1,8 Kilometer vor dem Etappenziel trotz aller Hürden punktgenau in der vorgegebenen „Deadline“.

Diese Energieleistung hätte ich mir am letzten Tag wirklich nicht mehr zugetraut, zumal mein vor dem Chemin bereits angeschlagener linker Huf sich in den letzten Tagen immer häufiger bei mir meldete … .

Fohlenhufe

Der kraftzehrende Aufwand war letztendlich völlig unnötig, da Madame Souvignet mich kurz danach völlig tiefenentspannt anrief und mir mitteilte, dass ich jetzt doch langsam pilgern könne, da sich ihre Pläne geändert hätten und sie erst nach 14:00 Uhr an der Wohnung zur Übergabe sein wird.

Pilger auf dem Weg nach Le Puy

Schlagartig legte ich mich ins Gras eines Parks vor dem Stadtkern Le Puys und zog die Siebenmeilenstiefel einfach aus.

Wahnsinn, diese Frau hatte es tatsächlich geschafft, meinen Puls auf diesem Teil des Jakobswegs erstmalig auf 180 zu bringen um dann den Stecker auf der Strecke „kurz vor knapp“ zu ziehen.

C‘est la vie!

ein bequemes Bett zum Abschluss

Belohnt wurde ich dafür aber von Madame Souvignet mit einem toll gelegenen und bestens ausgestatteten Apartement, das mir sehr behagte.

Luxus für einen Tag in Le Puy

Sollte ich jemals Le Puy als Pilger wiedersehen, werde ich mich bei der Unterkunftssuche auf jeden Fall erneut vertrauensvoll an Madame Souvignet wenden!

Nachdem der Umstieg in Saint Etienne in den Anschlusszug nach Lyon in Sekundenschnelle doch noch klappte, kann ich meine kleine Geschichte ja weitererzählen … .

Nach der wohltuenden Körperpflege und letzmaligen Wäsche der am Tag zum Einsatz gekommenen Pilgerklamotten, schaute ich mir meine Lowa Stiefel 🥾 (Modell Trekker) einmal genauer an. Äußerlich sahen sie nach dem dritten Langstreckeneinsatz noch ganz ordentlich aus. Beide Vibram-Sohlen waren hingegen völlig abgelaufen.

gutes Schuhwerk ist die halbe Miete

Das für sich allein betrachtet ist sicherlich nicht ganz so schlimm.

In vergleichbaren Fällen hatte ich meine vormalig eingesetzten Trekker für knapp 100€ bei der Firma Lowa direkt besohlen lassen.

Zusätzlich hatte ich mir dieses Mal bei den „Bergetappen“ leider auch noch die „Hackenseite“ des linken Stiefels von innen schwer beschädigt.

Dort fehlte am Ende des Weges in Le Puy ein ganzes Stück des Innenleders, das auf abenteuerliche Weise offensichtlich weggescheuert wurde und ein Loch in der Fersenpolsterung ans Tageslicht brachte.

Aus diesem Grund klebte ich in den letzten Tagen auch täglich meinen Fersenbereich dick mit Hansapflast zu, um keine offenen und wunden Stellen im Achillessehnenbereich heraufzubeschwören!

Ich setze diesen Stiefeltyp bei meinen Wanderungen nunmehr seit 15 Jahren ein und hatte noch nie solch eine schwerwiegende Beschädigung zu beklagen.

Zuhause bei mir am Niederrhein lagern jedoch noch zwei Paar frischbesohlte Trekker Stiefel.

Kurzerhand entschied ich, dass die so schwer „angeschlagenen“ Siebenmeilenstiefel besser in Le Puy-en-Velay verbleiben sollten.

„Vielleicht kann jemand die Trekker in der Not noch eine gewisse Zeit auf dem Jakobsweg einsetzen, bzw. lässt sie vor Ort für kleineres Geld als beim Schuhhersteller reparieren“ waren meine diesbezüglichen Überlegungen und Gedanken.

Ich nahm die Schuhe am frühen Nachmittag verpackt in einer Einkaufstasche mit zur Erkundung der schönen Stadt und fand gleich um die Ecke meiner Unterkunft auch einen geeigneten „Friedhof für Wanderschuhe“.

Eine wunderschöne Fassade mit Pilgermotiven in Gänze.

Feierlich stellte ich mein Schuhwerk auf ein Podest an einer Hauswand, dekoriert mit schönen Camino-Gemälden, ab und dokumentierte die Zeremonie.

Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, ob die Trekker bei meiner Rückkehr am Abend noch am Abstellort sein würden!

Kann man jemals noch einen schöneren Ort für eine feierliche Stiefelverabschiedung finden?

Anschließend fand ich im Stadtzentrum einen „Barber“, der mit seinem Handwerk endgültig meine Verwandlung vom Caminopilger zum Tagestouristen vornehmen sollte.

Der Meister geht rigoros ans Haupthaar ran!

Das Ergebnis hat dann auch mich sehr belustigt.

Wer war eigentlich dieser Mann, der glattrasiert und geschoren eigentümliche Selfies vor dem bunten Barber-Salon schoss?

Ex-Caminopilger Henry

Stiefel abgelegt, Barthaare und Haupthaar rasiert, spätestens jetzt war ich im erstmals getragenen langärmigen Odlo-Hemd kein Pilger mehr.

Ich genoss diese deutlich unauffälligere neue Rolle in meinen Keen-Sandalen in der Pilgerstadt und „feierte“ meinen Abschied vom Pilgerdasein zunächst alleine in einer abgelegenen Pizzeria mit einem leckeren Essen und regionalem Bier.

Pilger haben einen gesunden Appetit …

Am Vortag hatte ich mich völlig überraschend und zu meiner großen Freude noch einmal mit Julie, der Pilgerin aus Düsseldorf die schon in Le Puy weilte, auf ein Abschiedsbier am Abend verabredet.

Mitpilgerin Julie

Ich durfte mir zur Feier meines Pilgerabschieds die Bar „le Shamrock☘️“ aussuchen.

Guinness from Ireland

Julie reagierte zunächst etwas irritiert als sie mich im neuen „Style“ im Pub sah.

Da die Anzahl der Gäste zu diesem Zeitpunkt sehr überschaubar war, mußte der an der Bar sitzende fremde Mann allerdings ihr Ex-Mitpilger Henry sein. Weitere Pilger hat Julie übrigens auf der Strecke Düsseldorf – Le Puy nicht getroffen!

Nach der freudigen Begrüßung tauschten wir uns intensiv über unsere letzten, getrennt verbrachten, Tage auf dem Jakobsweg aus und verweilten dabei immerhin 1 1/2 Stunden in dem renovierungsbedürftigen Irish-Pub.

Die Geschichte von meinen Stiefeln und deren Verbleib interessierte Julie dabei doch sehr.

Wir beschlossen, den Wanderschuh-Friedhof gemeinsam zum Abschluss unseres Treffens aufzusuchen und zu prüfen, inwieweit die Lowa-Boots dort noch standen. 10 Minuten später konnten wir uns dann am Ort des Geschehens feixend davon überzeugen, dass mein Plan aufgegangen war.

Der Abschied von den Stiefeln ist definitiv!

Die Siebenmeilenstiefel waren in der Tat weg und hatten offensichtlich einen neuen Besitzer bekommen.

Keine 25 Meter von dieser Stelle entfernt ist auf der nämlichen Straße, 42 r St. Jacques 43000 le Puy en Velay, übrigens ein Schuster angesiedelt, der Werbung für seinen Vibram-Sohlen-Austauschservice im Fensterladen macht.

Über diesen Zufall mussten Julie und ich ebenfalls herzhaft lachen.

Vielleicht hat sich der neue Lowa-Trekker-Besitzer vor dem Eigentumsübergang sogar noch schnell einen Kostenvoranschlag für die Reparatur bei Monsieur Aurrelle eingeholt?

Vor der Verabschiedung machte Julie aus Dokumentationsgründen noch einmal ein paar ulkige Fotos von mir und dem leergefegten Stiefel-Friedhof. Dann galt es aber wirklich Abschied zu nehmen, da Julie, im Gegensatz zu mir, am nächsten Tag weiterpilgern und verständlicherweise nicht so lange auf den Beinen bleiben wollte.

Henry ohne Siebenmeilenstiefel

Buen Camino liebe Julie!

Ich möchte zum Abschluss noch ein kleines Fazit ziehen dürfen.

Die Strecke von Beaune nach Le Puy-en-Velay war eindeutig der schönste Abschnitt auf dem Chemin des Allemandes.

Kapelle Saint Michel

Ich bin sehr froh, dass ich diesen Weg gegangen bin, gleichwohl ich mit bis dahin unbekannten Schwierigkeiten bei der Quartiersuche und Essensbeschaffung konfrontiert wurde.

Zum Zelt tragenden Fußpilger werde ich in diesem Leben deshalb aber bestimmt auch nicht mehr!

Der Tag auf dem Campingplatz auf diesem Chemin war völlig okay, aber das Zelt muss man mir dann bitte schön vor Ort auch bereithalten. 😉

Der größte Gewinn auf diesem Jakobsweg war für mich, so vielen hilfsbereiten und sympathischen Menschen begegnet zu sein.

Die vielen schönen Geschichten dieses Weges werde ich bis zu meinem Lebensende nicht vergessen.

Wobei das Highlight für mich in diesem Jahr sicherlich die für einen Pilger völlig surreale „Champagnerparty“ inklusive der Beherbergung im Holzverschlag war.

Die Franzosen sind ein stolzes Volk!

Die Menschen haben das Herz am rechten Fleck und meistern in vielerlei Hinsicht mit Lebensfreude und Gemeinschaftssinn das tägliche Leben. Sie haben mir als Pilger unglaublich viele schöne Momente beschert. Ich bin sehr glücklich diese Erfahrungen gemacht haben zu dürfen. Auf all meinen Jakobswegen in Deutschland, Spanien und Portugal habe ich das bis dato in dieser Intensität noch nicht ansatzweise erlebt!

Un grand merci pour cette hospitalité, chers Français !

Im nächsten Jahr werde ich aller Voraussicht nach eine Pilgerauszeit nehmen wollen.

Mein Ziel ist es aber auf jeden Fall noch einmal nach Le Puy-en-Velay als Fußpilger zurückkehren zu dürfen.

Le Puy-en-Velay UNESCO Weltkulturerbe

Den Weg nach Roncevalles, den Julie in den nächsten Wochen bewältigt, möchte ich ebenfalls bestreiten und als Sahnehäubchen noch bis Pamplona verlängern wollen, da ich im Jahr 2008 meinen Camino Frances, aufgrund der schlechten Wetterlage, nicht in Saint-Jean-Pied-de-Port (Frankreich) sondern in Pamplona (Spanien) begonnen habe.

Wie sehr würde ich mich freuen, wenn meine Pilgerfreunde der ersten Stunde, Carsten und Stephan, mich dabei begleiten könnten!

Carsten, Heiner und Stephan
2008
am Cruz de Ferro in den Montes de León

Vielen herzlichen Dank für die vielschichtige Begleitung und wunderschöne Unterstützung auf meinem diesjährigen Weg.

Zauberhaftes Le Puy-en-Velay

Ich habe an so manchen Tagen daraus Kraft schöpfen können!

Der letzte Stempel im Pilgerausweis

Merci und Au Revoir

Der Caminopilger Henry

Nachtrag Lyon:

Eine klitzekleine Geschichte möchte ich noch aus der an der Rhône und der Saone gelegenen Stadt nachtragen dürfen.

Auf meinem Weg zurück an den Niederrhein hatte ich noch einen mehrstündigen Aufenthalt in Lyon.

In der Innenstadt sprachen mich drei halbwüchsige Jungs an, lobten mein Outfit und bezeichneten mich als „Indiana Jones“.

Zum Abschluss baten Sie mich um ein gemeinsames Foto auf dem ich ein wenig böse schauen sollte. Ich stimmte dem Wunsch der Jungs unter der Voraussetzung zu, dass ich das Foto auch per „Airdrop“ erhalten würde.

Indiana Jones Gang

Bei Betrachtung des Fotos habe ich dann schnell erkannt, dass ich mit meinem Lederhut und den Stöcken in der Tat aus der Reihe fiel. Indiana Jones lass ich so gerade noch gelten. Der ist zwar kein Pilger, befindet sich aber derzeit zumindest auf einem Kreuzzug in den Kinos Europas.

Dem jugendlichen Indiana Jones-Fanclub hab ich zum Abschluss dieser netten Begegnung einen wesentlich besseren Film empfohlen:

SAINT JACQUES… PILGERN AUF FRANZÖSISCH

Pilgerlandschaft

Das war sie also meine vorletzte Etappe auf dem Chemin Saint Jacques im Kalenderjahr 2023.

Geprägt war sie vom heutigen „niederschlagsfreudigen“ Wetter.

Frankreich in den Bergen im Regen!

Nach dem Verlassen der Herberge in Saint-Georges-Lagricol traute ich meinen Augen kaum.

Das Unheil droht am Himmelszelt

Die Temperatur betrug bescheidene 10 Grad Celsius! Stürmische Winde und einsetzender Nieselregen waren daneben weitere Faktoren die nicht unbedingt motivierend auf mich wirkten.

Innerhalb weniger Tage hatte ich damit also fast 30 Grad Temperaturunterschied auf dem Chemin zu „verarbeiten“.

Da kann man ja fast schon von einer anderen Klimazone sprechen!

Erschwerend kam heute hinzu, dass ich durch die stärkere Belastung am Vortrag doch noch sehr „schwere Beine“ hatte und nicht so richtig Fahrt beim Pilgern aufnehmen konnte.

Der Caminopilger könnte ruhig mal freundlicher schauen wenn er fotografiert wird, auch wenn es draußen regnet!

Zu Beginn des Tages führte der erste Weg 2,5 km stramm nach oben zurück auf den Jakobsweg.

Henry‘s Trail zum Jakobsweg Vol. 2

Meine restlichen Lebensmittelbestände hatte ich in der Herberge nicht mehr anrühren wollen und unterwegs verhinderte zunächst der ständig eintretende Nieselregen ein frühzeitiges morgendliches Picknick im Grünen.

In einer Regenpause klappte es dann doch später mit dem Outdoor-Frühstück!

Wie gut, dass ich auf dem Weg „an jeder Ecke“ über ausreichend vorhandene Brombeerhecken verfüge, die mir „on the fly“ das Provitamin A lastige Frühstück lieferten und ganz nebenbei meine Kalzium-, Kalium-, Magnesium- und Eisenvorräte im Körper auffüllten!

Nach der ersten Gabe der leckeren Früchte aus Mutters Natur klappte es dann auch mit dem Laufen!

Überrascht war ich, dass am anderen Ende eines Brombeerstrauchs plötzlich „Zermalmgeräusche“ zu hören waren. Ein Blick durch die Hecke lieferte dann für mich die überraschende Erkenntnis: Kühe mögen auch gerne Brombeeren!

Horntragende Kuh nascht auch gerne Brombeeren!

Zwei Kilometer vor Erreichen des Zielortes Saint Paulien regnete es so heftig „Cats and Dogs“ vom Himmel, dass ich 25 Minuten später wie ein begossener Pudel klatschnass im Bürgermeisteramt (Mairie) des hübschen Ortes stand.

Das Wetter schlug weiter Kapriolen und zeigte sich im weiteren Verlauf des Nachmittags von seiner besseren Seite.

10 Minuten vor dem Bild ging hier noch die Welt unter … .

Nachdem meine gestrigen fernmündlichen Reservierungsbemühungen für den heutigen Zielort ausnahmslos scheiterten, erhoffte ich mir hier vor Ort Unterstützung beim Bürgermeisteramt bei der Quartiersuche! Nach einigen, offensichtlich ebenfalls nicht erfolgreichen Telefonaten durch das Sekretariat der Mairie erhielt ich den Hinweis doch besser ins Hotel zu gehen.

Bettsuche für den Pilger in Saint-Paulien

Meine Kommunikation mit der Verwaltung wurde im Hintergrund aufmerksam von einer Jugendlichen verfolgt, die in der Reihe hinter mir stand um Dokumente auf dem Amt in Empfang zu nehmen.

Als ich im Begriff war meine sieben Sachen wieder einzupacken um in Richtung Hotel aufzubrechen, sagte die sympathisch und zurückhaltend wirkende Jugendliche urplötzlich zu mir:

„Wir haben zuhause einen Raum für Gäste mit einer Schlafmöglichkeit zur Verfügung. Ich rufe meine „Maman“ einmal an, ob das in Ordnung geht! Gesagt, getan. Die 16 jährige Schülerin Mélina schilderte am Handy ihrer Mutter die Sachlage und Maman war offensichtlich einverstanden mit den Plänen ihrer charakterstarken Tochter, die das Gespräch mit ihrer Mutter mit einem lässigen „Cool!“ beendete. Mélina hatte dem durchnässten Pilger somit völlig spontan ein Domizil ermöglicht!

Ich freute mich sehr über die Motivation der Familie Cubizolle mich in ihrem tollen Haus für eine Nacht aufnehmen zu wollen und begab mich mit Mélina auf den Weg zu ihrem Elternhaus im Ortskern von Saint-Paulien.

Pilgerzimmer für eine Nacht

Wieder erlebte ich eine solch positive Geschichte, die offensichtlich nur der Jakobsweg schreiben kann!

Wer von uns könnte sich denn ehrlicherweise in der Heimat vorstellen, sich eines verschwitzten, völlig durchnässten ausländischen Wanderers anzunehmen und diesen spontan zu sich als Gast für eine Nacht mit nach Hause zu nehmen?

Das ist der Zauber des Camino de Santiago/Chemin Saint Jacques!

kaum zu glauben, aber wahr … nur noch eine Etappe in diesem Jahr!

Au revoir

Henry

Die wenigen sonstigen Bilder des Tages:

(Anmerkung der Redaktion: Unerwarteter Weise funktioniert die Bedienung des Displays beim iPhone SE nur eingeschränkt bei französischem Regen)

The Way
nasser Pilgerweg
die tägliche Pilgerbrücke
glitschiger Untergrund
Esel und Pferd stellen sich unter, der Caminopilger nicht!
klatschnasse Kühe
düstere Aussichten in den Bergen
Symbole
schöne Wälder
rainy clouds
verschiedene Varianten des Chemins
es ist nicht mehr weit nach Saint-Paulien
Pilgerblick
begossener Pudel mit nassem Deckel bei der Ankunft im Zielort
Saint-Paulien
Saint-Paulien Ortskern
Honig- und Senfverkostung
The Trail of Henry

Nach der „ausschweifenden“ Nacht im Logis Hôtel le Béfranc standen heute einige Fragezeichen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, des Streckenverlaufs und der Schwere der Etappe im Raum.

Black Beauty am Abend

Vor dem Verlassen des „Ausweichshotel“ stand selbstredend noch das Begleichen der Rechnung im Hotel an. Drei „zügellose“ kleine „Bière noire“, sowie die Übernachtung mit Halbpension machte summa summarum 108,85€.

Da hat der Caminopilger es aber einmal anständig krachen lassen!

Facture

Herzhaft lachen musste ich bei der Aushändigung und Begleichung der Facture dennoch, da diese auf den geheimnisvollen Klienten „HENRY FRANCE“ ausgestellt war.

Einfach herrlich unkompliziert diese Franzosen.

Nachdem der Chef des Hauses mich in langer Hose und Regenkleidung zum Abschied im Hotel fotografiert hatte,

Auf Wiedersehen!

stürzte ich mich in das mit 12 Grad wohltemperierte Nass, DAS der Himmel bis zum Mittag auf mich niederprasseln ließ.

Von den Spitzen der Hügel und Berge war auf jeden Fall nicht mehr viel zu sehen.

Berge im Nebel

Die schöne Sicht schluckte dabei der unbarmherzige Nebel und die gnadenlos tiefhängenden dunklen Wolken.

Bis ich von Saint Bonnet le Château startend wieder auf den Chemin des Allemands kam, sollten allerdings einige lange und aufstiegsreiche Abschnitte überstanden werden.

Bäume im Felsbrocken

Der erste Teil dieses Streckenabschnitts hat mir heute besonders gut gefallen, da ich fünf Kilometer entlang einer ehemaligen Bahntrasse komfortabel meine Schritte machen konnte.

L‘aventure du Rail

Amüsiert war ich unter anderen darüber, dass an einigen Stellen plötzlich alte Waggons in den schrägsten Farbtönen auf Eisenbahnschienen stehend zu sehen waren.

Waggon in Mittel-Rosa!

Diese Herrlichkeit

Die gute alte Postbeförderung!

war aber mit Erreichen des Bahnhofs Estivareilles abrupt beendet!

Bahnhof Estivareilles

Von nun an durfte ich auf einer Strecke von mehr als fünf Kilometern auf der viel und zu schnell befahrenen Landstraße D 498, zumeist bergauf, um mein Leben pilgern… .

Grenzwertiges Pilgern auf der Landstraße!

Diese Idee war sicher nicht ganz so gut von mir.

Rasende Autofahrer teilten sich die Fahrbahn mit Henry

Erleichtert und glücklicherweise unversehrt erreichte ich gegen Mittag wieder den Jakobsweg.

zurück auf dem Jakobsweg

Diesen genoss ich von der ersten Sekunde in vollen Zügen. Schlagartig war alles wieder so, wie ich es zumeist in den vergangenen Wochen vorgefunden hatte.

Weiche Böden, tolle Landschaften und Wälder, die nach dem langanhaltenden Regen besonders gut dufteten.

ein schöner Jakobsweg

Auch der Regen hatte ein Einsehen mit mir und stellte seinen Betrieb mit meinem Erscheinen auf dem „Chemin des Allemandes“ plötzlich ein.

die ersten Schritte auf dem Chemin auf sandigem Boden

Zu allem Überfluss der auszuschüttenden Glückshormone hatte ich dann heute auch noch völlig überraschenden Pilgerkontakt auf dem Jakobsweg.

Nein, es war nicht Julie … sondern Clement!

Der junge Franzose aus Nancy ist vor einigen Wochen in seiner Heimatstadt aufgebrochen und zieht seitdem ein Gefährt wie eine „Ochsenkarre“ auf zwei Reifen hinter sich her.

In dieser Karre befindet sich sein Rucksack und ein Zelt. Heute übernachtet Clement auf dem Campingplatz in Craponne-sur-Arzon.

Henry et Clement!

Das Gespräch unter Pilgern dauerte nur wenige Minuten, ein Selfie von uns beiden zur Erinnerung an den historischen Moment war im Kasten und schon zog Clement mit einem Affenzahn weiter durch den Acker.

Clement mit Ochsenkarre!

Insoweit passte mein Bild von der Ochsen🐂 karre ja wieder!

Clement hat auf seinem bisherigen Weg von Nancy kommend sage und schreibe zwei Pilger getroffen. Einer davon war heute ein gewisser Henry aus Allemagne :-).

Auf seinen noch folgenden 1.500 Kilometern nach Santiago de Compostela wird diese Zahl schon recht bald kräftig nach oben schnellen lieber Clement.

Erneute Begegnung mit Clement, der Einheimischen seinen Weg nach Santiago de Compostela erklärt.

Vielleicht lag es am guten Schwarzbier am Abend, dass ich heute so eine Laufleistung abrufen konnte!

Am Ende der Etappe war ich bemerkenswerte 9 Stunden auf den Beinen und hatte dabei, im Gegensatz zum Vortag, keinen Restaurantbesuch und kein Rockkonzert im Rahmenprogramm meiner Pausen inklusive.

am späten Nachmittag war sogar die Sonne ☀️ wieder da

Heute übernachte ich in der Herberge in Saint-Georges-Lagricol und verspeise meine gestern Morgen auf dem Markt in Montbrisson käuflich erworbenen Lebensmittel.

Pilgermahlzeit

Die Herberge befindet sich leider in keinem guten Zustand, hat daneben keinerlei Bestände an Lebensmitteln, inbesonders nicht an Kaffee, Tee, Gewürzen oder Ölen aufzuweisen.

Herberge Saint-Georges-Lagricol Bild 1

Ich fühle mich hier nicht wohl und werde morgen füh sehr zeitig meine vorletzte Etappe auf dem Jakobsweg im Jahr 2023 beginnen.

Herberge Saint-Georges-Lagricol Bild 2

Ein Pluspunkt bekommt die Herberge dennoch von mir. Da es am heutigen Sonntag auch hier nichts zu kaufen gibt, fragte ich den stellvertretenden Verwalter der Herberge nach ein paar Hühnereiern von den Hühnern, die hier auf dem Grundstück der Herberge gehalten werden.

Herbergseier: frischer gehts nicht!

Nach der freundlichen Gabe von Maurice erweiterte sich mein Speiseplan um drei gekochte Hühnereier.

Luxuspilger war gestern.

Herzlich Willkommen in der Realität des Chemin Saint Jacques Henry!

kaum zu glauben, aber wahr … nur noch zwei Etappen in diesem Jahr!

Au revoir

Der Caminopilger

Die sonstigen Bilder des Tages:

Schneckenwanderung, die Bilderserie Teil 1
Schneckenwanderung, die Bilderserie Teil 2
Schneckenwanderung, die Bilderserie Teil 3
Wanderung entlang der leicht verwitterten Eisenbahnschienen!
Pilgern auf der Route des Balcons
Landleben
Die Hausnummer 43 mag ich sehr
unser tägliches Obst gib uns heute!
meine geliebten Tiere stehen zur Begrüßung wieder in Reih und Glied
auf dem Jakobsweg wird gejagt!
Allez les bleus
badisches Haus
Bar-Tipp
Die Kirche in Usson-en-Forez und die Versuchung
Chateau in Usson-en-Forez
matschige Wege
tolle Pfade
massive Brücke
so einladend, aber geschlossen!
schönes Haus!
bald bin ich da, oder etwa nicht?
endlich am Zielort angekommen!
in der 1. Etage befindet sich die Herberge!
Kirche in Saint-Georges-Lagricol
Dorfbar in Saint-Georges-Lagricol
Geschenk von der Gemeinde zum Einzug
historische Holztüre
Morgendlicher Blick aus dem Pilgerzimmer

Nach der Verabschiedung von der herzensguten Marie-Martine

Marie Martine und der Caminopilger

kaufte ich morgens auf dem riesigen Marktplatz in Montbrison noch etwas Brot

Brot vom Markt

und Käse ein,

Käse vom Markt

bevor ich mich dann auf den Weg in die „Berge“ machte.

Auf in den Regen!

Das Wetter war wie angekündigt über Stunden nass und regnerisch. Meine heute erstmals von mir getragene Regenjacke bewährte sich ausdrücklich bei dem schlechten Wetter.

Auf dem Weg in die Berge

Vor dem heftigen Anstieg ins Zielgebiet ergriff ich mittags in Margerie-Chantagret die Gelegenheit beim Schopfe und stärkte mich wohlschmeckend in einer Pizzeria.

Lasagne und ein Glas Bier (0.0) zur Stärkung

Ich erfreute mich zusätzlich beim Essen an den Liveproben einiger Musiker, die an diesem Tag wohl noch einen Auftritt in der Location hatten.

Livemusik in der Pizzeria

Das war eine rundum schöne Erfahrung, die mir wieder einmal zeigte, dass man die wenigen Einkehrmöglichkeiten hier auf dem „Chemin des Allemands“ unbedingt nutzen sollte, wenn dann tatsächlich auch mal etwas geöffnet ist… .

erneut traumhafte Pfade

Nach siebenstündiger abwechslungsreicher Wanderung bis auf fast auf 900 Meter Höhe erreichte ich gegen 16:10 Uhr meinem heutigen Zielort Marols.

Marols

Hektisch schoss ich die obligatorischen Erinnerungsfotos vom historischen Ortskern und lief noch schnell in die „Maison du Tourisme“ um mir den Stempelabdruck an die richtige Stelle in meinem Pilgerausweis setzen zu lassen.

Malerisches Marols

Um 16:24 sollte mich ja die Buslinie 32 ins 10 Kilometer entfernte Saint Bonnet le Château befördern um mein 2 ⭐️ ⭐️ Ausweichhotel beziehen zu können.

Schönes Haus in Marols

Ich stellte immer mehr fest, dass ich eigentlich gar nicht mehr von hier wegfahren wollte. Mir gefiel es in Marols auf dem Chemin einfach viel zu gut!

Auch die freundlichen Damen im vor Ort befindlichen Touristikbüro haben auf meine Kritik hin, dass Pilgern heute keine Übernachtungsmöglichkeit in Marols und direkter Umgebung ermöglicht wird, leider kein Domizil für mich in letzter Minute aus dem Hut zaubern können.

Die letzte Seite vom abgegriffenen Pilgerausweis

So blieb es dabei, dass ich laufenden Schrittes weiter zur Bushaltestelle Le Bourg in Marols eilte um dort zu erfahren, dass meine vermeintliche Busverbindung am Wochenende um diese Uhrzeit gar nicht existiert.

Ich wurde damit völlig spontan zum „Tramper“ und saß kurze Zeit später „nach dem ersten Daumenzeig“ im Auto einer älteren Dame, die mich und mein Pilgergepäck dankenswerterweise einen großen Teil der langen Strecke nach Saint Bonnet le Château in ihrem PKW beförderte.

Car Sharing

Zum Abschluss lief ich die restlichen zwei Kilometer entlang der Landstraße zum Logis Hôtel le Béfranc um endlich meinen Rucksack ablegen zu können.

Saint Bonnet le Château

Die Menschen im abgelegenen Hotel sind sehr freundlich, das Zimmer ist schön und die Bewirtung bestens. Dennoch bin ich unglücklich mit der gesamten Situation.

Derzeitiger Status: Luxuspilger

So weit vom Weg entfernt zu übernachten ist mir in meiner 15 jährigen Pilgerzeit noch nie passiert.

Saint Bonnet le Château

Kurzerhand habe ich beschlossen, mich morgen nicht wieder in die Abhängigkeit von Dritten zu begeben um nach Marols zurückzukehren. Ich werde einen alternativen Weg finden um „per pedes“ auf meinen geliebten Jakobsweg zurückzukehren und die Pilgerwanderung nach Le Puy-en-Velay fortzusetzen.

Pilger auf dem Weg

Marols werde ich damit morgen nicht mehr wiedersehen.

Die Muschel, das Symbol für den Jakobsweg

Au revoir

Henry

Die sonstigen Bilder des Tages:

Reich gefüllte Stände auf dem Markt
Ich verlasse Montbrison am Morgen
Hier ein Blick
Da ein Blick
Mächtige Kirche in Montbrison
Montbrison
ein letzter Blick auf Montbrison
ich bin wieder in der Natur gelandet
Saint Thomas La Garde
Feigen auf dem Weg
Weinbergpfirsisch
erholsame Bänke
tolle Aussicht
Sonnenblumen
Pilgerbrücke
Bergwelt
Pilgersymbole
ein weiter Weg nach Santiago
Saint Bonnet le Château
lila Pilgerbier

Die 14. Etappe meines Weges stand heute leider nicht im Fokus meiner Gedankengänge.

Saint Jacques de Compostela

Das leidige Thema der Quartiersuche scheint in der letzten Phase meines „Chemin de Allemandes“ noch einmal omnipräsent zu werden.

Meine Mitpilgerin Julie hatte mir schon gestern offenbart, dass es dieses Wochenende während der Ferienzeit in Frankreich sehr eng für uns Pilger werden wird, eine Bleibe entlang des Chemin St. Jacques zu finden. Heute Morgen stand ihre Entscheidung dann fest, die vormalige Etappenplanung mangels Unterbringungsmöglichkeiten über den Haufen zu werfen und anderweitig zu planen.

Ich hingegen möchte morgen früh weiterhin den ursprünglichen Plan verfolgen und in Richtung „Montarcher“ in die Berge pilgern.

Julie und Caminopilger heute gemeinsam auf dem Weg

Heute haben Julie und ich nach dem Verlassen der Backstube und des sensationell humorvollen Bäckerehepaars das erste und letztendlich wohl auch einzige Mal auf dem „Chemin des Allemands“ ein Teilstück des Weges gemeinsam pilgernd verbracht.

Der humorvolle Bäckermeister in seinem Verkaufsladen

Sage und schreibe 4 Kilometer dauerte diese unterhaltsame Episode an, dann war Julie auch schon wieder alleine in Richtung Montbrison unterwegs.

Julie „zieht von dannen“

Ich hingegen wartete, unter großen Bäumen stehend, das erste heftige Gewitter des Tages im „schützenden“ Wald ab, bevor ich meinen Weg fortsetzte.

Der Himmel über Frankreich deutet Ungemach an

Im Laufe des Tages trafen wir uns dann noch zweimal. Zunächst beim gemeinsamen Obstpflücken in der Pampa und nach meiner verspäteten Ankunft im schmucken Zielstädtchen Montbrison.

Obst in Hülle und Fülle entlang des Weges

Es lag heute ausnahmweise nicht an meiner Grundeinstellung, es in diesem Jahr auf dem Jakobsweg etwas beschaulicher angehen zu lassen. Der wahre Grund für meinen „verspäteten“ Einlauf in das Zielstädtchen war mein einstündiger Aufenthalt beim Bürgermeisteramt in Champdieu!

Champdieu

Hier kümmerten sich sage und schreibe drei Bedienstete eine geschlagene Stunde um meine „Unterbringungslösung“ am morgigen Samstag.

Die Drähte zwischen den „Mairies“ glühten heiß und letztendlich konnte auch nach zig Telefonaten mit Privatleuten, Gîtes und anderen Anbietern niemand Vollzug melden.

Champdieu ist einen Besuch wert.

Ich hatte immer noch keine Unterkunft für den anstehenden Samstagabend auf dem Chemin!

Pilger ohne Bleibe

Leider schlägt das Wetter morgen wohl endgültig in die falsche Richtung um.

Die mittlere Gewitterwarnung für die zu durchwandernde Region am Wochenende nehme ich durchaus ernst.

Aus diesem Grund marschierte ich in Montbrison angekommen geradewegs in die Touristeninformation, die sich nach meinem „Vortrag“ ebenfalls motiviert auf die Suche nach einer 20 – 30 Kilometer von Montbrison am Weg befindlichen Unterkunft für mich begab. Trotz aller Mühe und unzähliger Anrufe 📞 führte dies leider zu keiner Status-Verbesserung!

Madame findet bestimmt eine Lösung für den Samstag, oder etwa doch nicht? Der mittelschwere Zweifel in einem Foto festgehalten.

Ich bedankte mich innig für die erneut so sehr aufwändige erfolglose Unterstützung und verließ desillusioniert das Hôtel de Ville Montbrison, in dem die Touristen-Information untergebracht ist.

Montbrison im Sonnenschein

Ich hinterließ jedoch für alle Fälle meine Handynummer und die besonders motivierte Mitarbeiterin sagte mir zu, in meiner Abwesenheit nach einer Lösung zu suchen.

Montbrison im Regen

Später am Nachmittag klingelte dann tatsächlich mein Handy. Die Mitarbeiterin der Touristik-Information reichte für mich die dringende Empfehlung nach, schnellstmöglich ein ca. 8 km vom Jakobsweg entferntes Hotel in Saint-Bonnet-le-Château zu buchen, bevor die zwei letzten verfügbaren Zimmer auch noch weg sein sollten.

Damit hatte ich endlich eine zumutbare Lösung und gehe, nach der fernmündlich erfolgten Reservierung, am morgigen Tag auf dem Jakobsweg bis Marols um abseits des „Chemins“ im Hotel Le Befranc zu übernachten.

C’est vraiment compliqué !

Meine Unterbringung in Montbrison war hingegen völlig unproblematisch. Ein kurzer Anruf bei Marie-Martine Reynaud und schon hatte ich ein Himmelreich auf Erden unmittelbar am historischen Stadtzentrum gelegen. Die 74 jährige Französin, die in ihrem Leben selbst schon nach Santiago de Compostela und Jerusalem pilgerte, machte meinen Aufenthalt in ihrem im Jahr 1900 prachtvoll erbauten Haus zu einem Highlight meiner Pilgerwanderung. Die Zeit mit ihr war wunderschön und das von Marie-Martine zubereitete Essen mit frischem Salat und Gemüse aus dem eigenen Bio-Garten einfach nur köstlich!

Das Haus von Marie-Martine

Die sympathische, zierliche und sportlich aktive Frau hat ein unfassbar großes Herz für die Pilger, die regelmäßig den Weg zu ihr nach Montbrison finden.

Au revoir

Heiner

Die sonstigen Bilder des Tages:

Frisches Brot vom Bäcker am Morgen
Au revoir Montverdun!
Verabschiedung von den Tieren Teil 1
Verabschiedung von den Tieren Teil 2
Pilgerpause
Diese schöne Brücke!
Blumen am Wegesrand
Schöner Weg
Das Wetter bessert sich langsam wieder.
Landleben
Ankunft in Montbrison
Montbrison
Maison Henrys Dite Des Lions – Renaisance
Marie-Martine bei der Quartiersuche für den Pilger für die kommende Bleibe
Spitzenklasse Pilger-Menue
Pilgerzimmer
welch schöne Terrasse
Dies war der 14. von 18 Wandertagen
Der lange Schatten des Pilgers!

Genau genommen ist die Sonne ja kein Ball sondern ein Stern ☀️!

Feuer🔥ball am frühen Morgen

Heute begleitete der Himmelsstern meinen Tag jedoch vom frühen Morgen an bis zum späten Abend wie ein einzig riesiger Feuerball am Himmelszelt.

Mit den an dieser Stelle bereits zuvor beschriebenen Schutzmechnamismen (erhöhte Flüssigkeitsaufnahme, Pausen, überschaubare Etappenstrecken) kam ich gut durch den Tag und erreichte mein Tagesziel Montverdun bereits am frühen Nachmittag.

Das Wasser vom Tag kam nicht aus der Aix sondern aus dem Hahn.

Ich nutzte die zusätzliche Zeit völlig untypisch für einen 2 1/2 stündigen tiefen Regenerationsschlaf nach der Pilgerwanderung.

Pilgerschlaf im Odlo-Look

Heute Morgen habe ich es tatsächlich geschafft mein Campingzelt vor dem ersten Hahnenschrei zu verlassen.

auf meinem Weg zur Boulangerie

Doch anstatt vom Zeltplatz in Richtung Montverdun aufzubrechen führte mich mein Weg zunächst noch einmal zurück in das mittelalterliche Städtchen Pommiers. Dort deckte ich mich noch mit Backwaren und sonstigem Reiseverzehr ein.

überschaubares Angebot der Boulangerie in Pommiers

Mit diesem Umweg im Gepäck stiefelte ich dann endlich in Richtung meines heutigen Zielortes los.

danach ging es kilometerweit durch Felder und landwirtschaftliche Betriebe

Weit und breit war keine Spur zu sehen von meiner frühaufstehenden Mitpilgerin Julie, die ich bis dato, aufgrund unserer völlig unterschiedlichen „Aufbruchsrhythmen“, noch keine Sekunde auf dem „Chemin“ bei der Wanderung begleiten konnte!

Dafür übernachten wir heute beim Bäckermeister des Ortes und seiner sympathischen Frau im Privathaus der Familie.

Das heutige Domizil: die Boulangerie!

Im ganzen Haus duftet es nach der Backstube! Am Abend tischte der mehrfach prämierte Innungssieger seine Backwaren beim gemeinsamen Abendessen mit der Familie auf und präsentierte dabei seine wohlschmeckende und einzigartige Brötchen-Sonne …

auch ne Sonne aber essbar!

und stellte sich für uns an den Grill.

Das Brot, die gegrillten Würstchen und der köstliche Reissalat von der Hausherrin sollten uns genug Kraft für den morgigen Tag schenken.

August = Grillzeit!

Der Stern am Firmament wird ab morgen glücklicherweise nicht mehr ganz so unbarmherzig auf uns scheinen und das erleichtert inbesondere mir die verbleibenden 5 Tage auf dem „Chemin Saint Jaques“

Die Burg in Montverdun

Au revoir

Heiner

Die sonstigen Bilder/Videos des Tages:

Etang du Forez
Die Legende des Etangs
Schilfbruch
Krumme Früchte!
Haus im Hügel
Hab ich mich verlaufen? In Beaune fing vor 13 Tagen doch alles an!
Pilgern auf Moos
13 Tage auf dem Jakobsweg
Wasser!!!!
schweiß 💦 treibende Angelegenheit
zauberhafte Wege
und Pfade!
ein hartes Brot namens Straße
Schloß La Bâtie D’urfé hinter Mauern
Eindruck vom Tag in bewegten Bildern 1
Insekten-Hotel
Neuzeitbrücke
Steinzeitbrücke
Eindruck vom Tag in bewegten Bildern 2
Burg Montverdun
beschwerlicher Weg zur Brücke hoch
so viel sieht Mann 💁‍♂️ da oben nicht …
geschafft, ich bin da!
mein Zimmer beim Bäckermeister – Top!
Pommiers ist absolut eine Pilgerreise wert!

Mit dem ersten Hahnenschrei stand ich heute Morgen auf der Matte. Bis zum Abmarsch bummelte ich dann leider doch wieder in der Herberge rum, aß noch zwei herrenlose Schoko-Puddings zum vertrockneten Brioche-Viertel und lief dann immerhin schon um 07:45 Uhr auf dem Chemin Saint Jaques los!

Welch schöne Fliese!

Mitpilgerin Julie war da schon locker zwei Stunden auf dem Jakobsweg unterwegs. Ich sollte sie dann vor meiner Ankunft im Zielort Pommiers auch nicht mehr während der Wanderung sehen.

Wandern auf dem Jakobsweg

Der Tag selbst brachte keine schwindelerregende Höhen, eher ein leichtes Auf und Ab in hügeliger Loire-Landschaft.

Der Caminopilger zieht seine Runden!

Die erste Tageshälfte hat mir dabei wesentlich besser gefallen als die zweite.

Pilgertraumweg

Pommiers selbst erreichte ich gegen 14:30 Uhr, fotografierte begeistert das mittelalterliche Städtchen und zog dann zu unserer außerhalb von Pommiers gelegenen Bleibe weiter.

Abgekämpfter Caminopilger am Zielort

Auf dem direkt am Fluss „Aix“ gelegenen Campingplatz fühlte ich mich dann stark an meine Pfadfinderzeit erinnert.

Campingplatz ⛺️

Die Betreiber halten für die Pilger drei komfortabel ausgestattete Zelte, jeweils auf einem Holzgestell stehend, zur Verfügung.

Die Matratze im Zelt ist superbequem und die kunterbunte LED Beleuchtung lädt am Abend zur Entspannungsgymnastik mit Disco 🕺 Musik ein.

Ein Radler vor dem neuen Nest nach beendeter Wanderung!

Daneben steht für die Pilger sogar noch ein kleines „Meet&Greet-Zelt“, ausgestattet mit Kochgelegenheiten, Kühlschränken, Sitzecken und Infomaterial, zur freien Verfügung.

Meet-and-Greet-Pilgerzelt

So etwas hätte ich nie im Leben für Pilger auf einem Campingplatz erwartet.

Absolutes Kompliment meinerseits für diese tolle Geschäftsidee.

Die Bandbreite der Übernachtungen auf meinem Chemin des Allemandes wird damit immer größer. Vom Schlafgemach im Schloss, der Unterbringung im Holzverschlag, bis zur Fastübernachtung im Altenheim und heute dann eben auf dem Campingplatz ist alles dabei.

3 Pilgerzelte für ein Halleluja!

Ich bin gespannt welche Etablissements in den folgenden sechs Tagung noch in diese Sammlung mitaufgenommen werden dürfen.

In Sachen Nahrungsaufnahme hat sich heute auch großartiges ereignet!

ein Restaurant am Jakobsweg, es geht doch!!

Um Punkt 19:00 Uhr saß der Caminopilger zufrieden am Tisch 2 des besten und zugegebenermaßen einzigen 😄 Restaurants im Ort, dem Le Savigny und ließ sich nach Strich und Faden verwöhnen.

Pilger-Festmahl

Nach all dem Dosenravioli und der Tomatensuppe aus der Flasche an den Vortagen kann ich gar nicht genug betonen, wie gut es mir heute gemundet hat.

Leben wie ein „Pilgergott“ (Achtung: Ironie) in Frankreich heißt heute das Motto!

Pilgertafel im anderen Sinn

Bonne nuit

und wieder geht ein schöner Tag auf dem Jakobsweg zu Ende

Der Caminopilger,

der in sechs Tagen und 134 Kilometern hoffentlich Le Puy-en -Velay gehenden Fußes erreicht.

Die sonstigen Bilder des Tages:

7. letzter Pilgertag
der frühe Vogel fängt den Pilgerwurm!
Pilgerbuchkulisse
der Weg der Pilger
erste Höhe genommen
Pilgerbottich zum Abkühlen
Tour de France!
Mairie in Bully
schönes Haus Vol. 1
schönes Haus Vol. 2
Polska!
Sonnenüberfluteter Weg
Meine Freunde auf dem Weg!
schönes Haus Vol. 3
Schatten im Blick
Französische Toskana
Willkommen am Zielort!
wie schön Pommiers doch ist!
so viel Vergangenheit
soviel Geschichte!
schmale Gassen
und noch viel mehr!
jetzt aber nichts wie hin zum Camping!
so schauts aus im Pool!!
da mach ich doch lieber zuerst die Wäsche!
niemand im Meet/Greet/Zelt!
Diese uralte Brücke hat es mir angetan!
historischer Kern in der Abendsonne!
Gymnastik im Zelt 🤸‍♀️ sooo wichtig!
muss schließlich fit sein bei dieser Bullenhitze morgen
beidbeinige Gymnastik 🤸‍♂️ versteht sich!
Hach, ist der Chemin Saint Jaques nicht herrlich?
Pilgerkumpel und Caminopilger auf dem Weg

Die Ausgangssituation ist relativ eindeutig. Wann immer ich meine Wetter-App in den letzten Tagen starte, weist diese eine „Extremwetter-Warnung“ für meine derzeitige Pilgerregion bis einschließlich diesen Donnerstag aus.

Extrempilgerwetter

Temperaturen bis 38 Grad Celsius bringen die Socken zum qualmen und weichen den Asphalt auf!

Qualmende Socken 🧦 🧦 beim Lüften!

Ein geeignetes Gegenmittel wäre das Pilgern vor Sonnenaufgang!

Ich bin allerdings nicht für das Wandern mit Stirnlampe geboren und war eigentlich bei all meinen Jakobswegen immer der letzte Pilger, den man, insbesondere in Spanien, mit Nachdruck aus der Albergue „hinausbefördern“ musste.

Seit 2 Tagen zeige ich allerdings ein erstaunliches Maß an Selbstdisziplin und stehe schon gegen 08:00 Uhr auf der Pilgerpiste.

08:00 Uhr morgens an der Herberge in Frankreich 🇫🇷!

Mehr geht leider nicht.

Hinsichtlich der Etappenplanung bin ich im Nachhinein sowieso schon sehr zufrieden, dass ich in der deutlichen Mehrzahl für die Strecke nach Le Puy-en-Velay Tagesstrecken um die 20 km eingeplant habe.

grobe Etappenplanung der nächsten Tage

Für diese Etappen benötige ich in diesen hügeligen Regionen in der Regel 6 1/2 – 7 Stunden einschließlich regelmäßiger Pausen, die bei diesen klimatischen Verhältnissen unbedingt erforderlich sind.

Für jeden Meter im Schatten ist der Pilger dankbar.

schattenspendende Bäume heute auf dem Weg

Es dürfte nicht überraschend sein, dass der Wasserverbrauch auf der täglichen Strecke derzeit nie unter 4 Liter Wasser anzusiedeln ist.

Wasserpause am Karpfenteich

Heute habe ich wieder eine sehr schöne Pilgerwanderung erleben dürfen.

Wesentlich mehr Abwechslung, Natur und deutlich weniger Asphalt, der ab der Mittagshitze mitunter leider sogar flüssig wird und die bewährten Leiki-Wanderstöcke zähflüssiges Asphaltmaterial „aufnehmen“ lässt.

zauberhafter Beginn der heutigen Wanderung

Die Streckenplaner sind offensichtlich auch ordentliche Spaßvögel!

Die heutige Wanderung in der Übersicht

Sie hatten für mich auf den 20 Kilometern wieder nahezu 900 Höhenmeter vorgesehen. Jagten mich fast bis zur Alm in den Bergen (Achtung: Satire!) um mich dann in Serpentinen wieder zum örtlichen Karpfenteich und die Loire den Berg hinunterlaufen zu lassen.

Die Hitze staut sich unter dem Deckel!

Der Schweiß floß in Strömen und Versorgung gab es unterwegs natürlich wieder nicht.

Boulangerie seit 2021 geschlossen!

Saint-Maurice-sur-Loire ist, wie bereits gestern angedeutet, wieder ein mittelalterlicher Ort, der heute

Saint-Maurice-sur-Loire

(Dublizität der Ereignisse) auch eine extrem knappe Lebensmittelversorgung und kein geöffnetes Restaurant für die Pilger aufzuweisen hat.

Serpentin weiß, was Pilger wünschen!

Die einzige Möglichkeit Geld auszugeben besteht im „Le Serpentin“. Wurde mir als Eisgeschäft verkauft ist aber leider nur eine „Eis am Stiel-Verkaufsstelle“,

Entspannung pur bei Le Serpentin!

die neben Langnese, Chips und Softdrinks noch ein paar Suppen für an der Loire gestrandete Pilger bereithält.

Im Dorf bekam ich aus Mitleid noch 2 überreife Tomaten von einer sympathischen Französin geschenkt, die ich dann später in der Herberge in die Fertigsuppe hineinschnibbelte.

Geschenkte Kekse und Tomaten

Dazu gab es dann ne sündhaft leckere Fischpastete (Achtung: Ironie), die der Eismann auch noch im Programm hat.

Und fertig war das 2 Pilger**Menue!

In der schönen Herberge bin ich dafür heute ausnahmsweise mal nicht allein.

Ankunft Herberge

Mit mir verbringt Julie, Deutsch-Französin aus Düsseldorf die Nacht. Damit haben wir heute eine 50 prozentige Auslastungsquote für die Herberge erreichen können.

Julie, die über die Eifel, Luxemburg und den kompletten Camin des Allemandes bis hier nach Saint-Maurice-sur-Loire gepilgert ist läuft von Le Puy-en-Velay, wo ich meinen diesjährigen Jakobsweg in einer Woche beenden werde, noch 33 Etappen weiter nach Roncevalles, den Ausgangspunkt des Camino Frances. Respekt für diese Leistung.

Schlafbereich der Herberge

Au revoir

Der Caminopilger

Die sonstigen Bilder des Tages:

Time to say goodbye Herberge und Kirche
Schilderwald und Schattenspiel
Tagesbeginn am Weinberg
Kapelle mit Muschel
bergab
schöner Platz vor dem Haus
klassischer Pilgerweg zwischen Mauern!
8 letzter Tag
Saint André d‘Apchon
erneut ein beeindruckendes Dach
Saint André d‘Apchon
Tomatengeschenk schon während der Wanderung
schönes Haus
schöner Weg
Cyprès?
bin ich versehentlich in der Toskana gelandet?
Château Châtelus
Pilgerbrücke am Château Châtelus
endlich wieder an der Loire!
Zielort erreicht!
Saint-Maurice-sur-Loire
Saint-Maurice-sur-Loire
Panorama des Tages
Aufbruch am Morgen

Als ich gegen 08:00 Uhr morgens zum Aufbrechen nach Saint-Haon-le-Chatel bereit war und in voller Pilgermontur gestiefelt vor dem Haus meiner Gastgeber stand, schien niemand, außer mir, in der 420 Seelen-Gemeinde wach zu sein. Sie hatten zurecht ihr wohl großartiges Konzert in der bezaubernden Abteikirche gefeiert und mich großzügig an den anschließenden Feierlichkeiten teilhaben lassen. Dabei waren die Einwohner am Abend doch wohl noch etwas länger als ich in geselliger Runde zusammen, da ich mich im Hinblick auf die kommenden Belastungen des Tages relativ früh aus dem Staub gemacht hatte.

Saint-Haon-le-Chatel Ortskern mit Abteikirche

In meinem Pilgerverschlag hatte ich keinen Zugang zu frischem Wasser und klopfte deshalb mit dem schweren Eisenring gegen die riesige Eingangstür des Anwesens um auf mich aufmerksam zu machen. Nach einiger Zeit öffnete die verschlafene Gastgeberin im Negligé bekleidet die beeindruckende Holztüre und füllte meine Wasservorräte wieder auf.

Blick aus meinem Pilgerverschlag am Morgen

Zeitgleich gab sie mir ein Stück „Tarte aux pommes“ und ein paar Mirabellen als Pilgerverzehr mit auf meinen Weg. Ich bedankte mich für diese erneut großzügigen Gaben, verstaute diese in meinem Gepäck, verabschiedete mich von Madame und war Minuten später auch schon wieder auf dem Chemin de Saint-Jacques unterwegs.

Welch wunderbare kurze Zeit ich doch hier von den warmherzigen Menschen völlig überraschend geschenkt bekommen habe!

Der Tag auf dem Jakobsweg war hingegen im weitesten Sinne flach und ohne große Höhepunkte bis zur Ankunft in dem bezaubernden Zielort.

Asphaltierte Wege sind auf die Dauer ermüdend!

Mein „Laufstil“ war auf zumeist asphaltiertem Pilgerwegen allerdings schon auffallend schwankend. Ich brauchte die Wanderstöcke deutlich mehr als an den Vortagen um halbwegs das Gleichgewicht beim Wandern zu halten. Der Rucksack schien heute mysteriöserweise das doppelte Gewicht zu haben. Jeder Schritt fiel mir deutlich schwerer als zuvor und das alles auf relativ flachem Terrain.

Schwankend zog er los …

Es konnte doch nicht alles nur an den Gaben aus Bénisson-Dieu gelegen haben!

Vielleicht hätte ich aber auch nur am Abend das zweite Glas Champagner ausschlagen sollen … .

Der wohlschmeckende Übeltäter ist erkannt!

Wie auch immer schaffte ich es dann doch für meine Verhältnisse früh am Nachmittag den wirklich wunderschönen mittelalterlichen Ort Saint-Haon-le-Chatel zu erreichen. Hier bekam ich vom Bürgermeisteramt eine sehr schöne Herberge ermöglicht.

Mairie Saint-Haon-le-Chatel

Der Kühlschrank war mit kalten Getränken befüllt und die Speisekammer für den hungrigen Pilger mit Lebensmitteln gut bestückt; an einem Montag, an dem es in dem mit 636 Einwohnern im Department Loire gelegenen Ort keine Einkaufs- und Einkehrmöglichkeit im Ortskern gab.

Herberge Saint-Haon-le-Chatel

Ein Dosenravioli mit „Sardines au naturel“ und gerösteten Erdnüssen nach der „rauschenden“ Champagner-Party, so etwas kann man auch nur auf dem Chemin de Saint-Jacques erleben!

Das Ziel vieler Pilgerwanderungen.

Au revoir!

Der Caminopilger,

der hoffentlich in 8 Tagen seine Pilgerwanderung in Le Puy-en-Velay gesund beenden wird.

Die sonstigen Bilder des Tages

Pilgerbrücke EU-Norm geprüft!
Bullenhitze
Die Kühe stehen auch Schlange am Wassertrog
endlich mal eine Einkehrmöglichkeit in Saint-Romain-la-Motte
Kirche Saint-Romain-la-Motte
Saint-Romain-la-Motte Ortskern
und weiter gehts auf der Pilgerpiste
solche Landschaften waren heute eher die Ausnahme!
noch 1,9 km … endlich!
letzter Anstieg vor dem Ziel
erneute Landung im Weinberg! 😃
schön ist es hier in Saint-Haon-le-Chatel
mittelalterliche Stimmung
Herberge Saint-Haon-le-Chatel
erst die Wäsche …
dann der Rundgang!
Orte ohne Kirche 💒 gibt es in Frankreich nicht
mittelalterliches Tor Saint-Haon-le-Chatel
Pilgerspiel mit dem Schatten
La Chapelle Notre-Dame de Fatima, Le Cergne

In der 710 Seelen zählenden Gemeinde Le Cergne in der Region Rhône-Alpes mache ich, am drückend heißen Nachmittag angekommen, erst einmal ein langes Gesicht.

Aushang Le Cergne

Weder die Dorfjugend noch die vor der Dorfkirche sitzenden Ältesten können etwas mit meiner Frage nach der öffentlichen Pilgerunterkunft/Herberge anfangen. „Kennt hier keiner“. Das kann ja heiter werden! In der Tat hatte die Dame vom Bürgermeisteramt bei der telefonischen Reservierung keine Adresse verlauten lassen.

Selbst der französische Referenz-Pilgerführer wies hinsichtlich der Unterbringung von Pilgern nur auf die Telefonnummern der Dame aus dem Amt hin.

Referenz-Pilgerführer Cluny – Le Puy

Nahrungstechnich betrachtet gibt es an diesem Ort am späten Nachmittag offensichtlich auch nichts mehr für mich zu kaufen!

Die beiden im Zentrum befindlichen Restaurants sind daneben ausgerechnet an diesem Samstag auch geschlossen.

Eine Hiobsbotschaft jagte also die nächste.

Mein verzweifelter Anruf bei der ☎️ Hotline des Bürgermeisters änderte schlagartig meine missliche Lage … .

„Madame X“, mit der ich am Vortag schon die Reservierung „klargemacht“ hatte, kam nach meinem „Hilferuf“ im schwarzen PKW um die Ecke gerauscht und signalisierte mir, dass ich samt Rucksack und Stöcken doch bitte in ihr Auto einsteigen solle.

Das machte ich dann auch und war gespannt wie ein Flitzebogen auf die Dinge die noch folgen sollten.

Im Auto bestätigte mir meine Chauffeurin, dass es in der Tat an diesem Nachmittag in ihrer Gemeinde nichts mehr Essbares für mich zu kaufen gäbe, bot mir aber erfreulicherweise und umgehend an, mich zum 5 km entfernten Einkaufsmarkt „Intermarche“ in den Nachbarort zu fahren. Zunächst ging die gemeinsame Reise mit dem Auto aber erst einmal zum auẞerhalb des inneren Kerns von Le Cergne gelegenen mysteriösen Pilger-Gîte, damit ich da vorab meine sieben Sachen auspacken und das Schuhwerk wechseln konnte.

Pilger-Gîte vom feinsten

Ich konnte mir beim Anbick des Gîtes ein Lächeln nicht verkneifen.

Der Wechsel von einem Holzhaus (am See) zum farbenfrohen Holzhaus (im Niemandsland der Gemeinde) war schon sehr speziell.

Die Gemeinde hatte mir übrigens das grün angestrichene Gîte zugewiesen, mit dem ich als Fan der Fohlenelf vom Niederrhein (Borussia Mönchengladbach) farbenmäßig selbstredend erstklassig leben konnte.

Mein BMG-Gîte und das lila Waschhaus dazu.

Nach dem getätigten Einkauf im „Intermarche“

Pilgereinkauf im Intermarche

fuhr mich Madame X dann wieder zurück zum Gîte nach Le Cergne und ich konnte meine Bleibe für eine Nacht endlich beziehen.

Bequemes Bett wartet auf müden Pilger!

An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal ganz herzlich bei der kleinen Gemeinde Le Cergne für diesen überragenden Pilgerservice bedanken.

Erika am Wegesrand

Der heutige Weg war wieder einmal sehr schön. Ich kann gar nicht genug Werbung für diesen Abschnitt des „Chemin des Allemandes“ machen!

Wundervoller „Chemin“

Die für Außenstehende vermutlich als „kurz“ einzuschätzende 18 Kilometer lange Tagesetappe war für denjenigen der sie in der Realität laufen musste erneut kein Zuckerschlecken. Es galt von 569 Meter Höhe in Propières zu starten um auf 872 Meter Höhe raufzuwandern um dann am Ende des Tages wieder den steinigen Berg herunter zu müssen. Die erneut über 1.100 Höhenmeter stellten für mich in der Tat wieder eine kraftzehrende und schweißtreibende Angelegenheit dar und ich war am Ende sehr froh keine andere Etappenplanung im Gepäck gehabt zu haben.

Lose Steine auf den Wegen stellen für mich aufgrund meiner Neigung zum „Umknicken“ eine Gefahr dar.

Die Berliner Polizei hat zwischenzeitlich die Bearbeitung meiner Vermisstenanzeige übernommen. Berlin scheint als Hauptstadt für so gelagerte Fälle im Ausland fachlich zuständig zu sein und unterstützt die Ermittlungen der vor Ort tätigen französischen Kollegen.

Die Behörden haben die Bearbeitung meiner Anzeige aufgenommen leider derzeit ohne den gewünschten Erfolg. Eléphantico bleibt verschollen!

Bonne nuit de Le Cergne

Caminopilger Heiner

Die sonstigen Bilder des Tages:

Pilgerfrühstück im Haus am See
erster grobsteiniger Aufgang
farnverwöhnter Weg
Ohne Moos nix los
Mont Joli, wer kennt ihn nicht?
Col des Escorbans erreicht
Schilderwald
Bergidylle
Gegenverkehr
eine Handvoll Brombeeren spenden Kraft
Pause mit Dach über dem Kopf
noch mehr Moos
Wer kennt diesen Pilz?
Eingang Gîte
Pilgerwäsche
Pilgermahlzeit!
Ein Holzhaus am See als Pilgerunterkunft

Der Chemin des Allemandes gefällt mir von Tag zu Tag besser.

Neben der wunderschönen Natur und den in der Regel sehr abwechslungsreichen Wegen sind es in den letzten Tagen insbesondere die völlig unterschiedlichen Unterkünfte die das Erlebnis ausmachen. Vom „Château im Wald“ ins „Holzhaus am See“ zu wechseln hatte dabei einen ganz besonderen Reiz.

Die Gemeinde Propières bietet für Pilger zwei gleichartige hervorragend ausgestattete Häuser für jeweils vier Pilger als Unterkunft an. Der „See“ liegt vor den Toren der noch viel kleineren Ortschaft Azole.

Der See vor Azole

Einmal in Propières angekommen, mussten wir uns zunächst einmal auf die Suche nach dem Rathaus begeben, da dort die Schlüssel für die beiden Häuser verwaltet werden. Ein Haus war für die französische Familie bestimmt, die ich am Vortag auf dem Weg kennengelernt habe. Das andere Haus war an diesem Tag exklusiv für mich bestimmt.

Etwas komplizierter war es nach der Ausgabe der Schlüssel den heiß begehrten Stempelabdruck in den Pilgerausweis zu bekommen.

Pilgerausweis

Den galt es erstaunlicherweise nicht im Rathaus („la Mairie“) sondern im noch weiter vom See entfernt liegenden Supermarkt „Proxy“ zu ergattern.

Der Einkaufsmarkt wird sogar in den Landkarten von Propières offiziell als Stempelstelle ausgewiesen!

Nach dem Einkauf der benötigten Lebensmittel für den Aufenthalt am See kümmerte sich der Proxy-Filialleiter höchstpersönlich um unsere „Pilgerberechtigungsnachweise“ und erledigte die Angelegenheit zu unseren vollsten Zufriedenheit.

Tagesstempel von Propières ergattert

Vollbepackt mit unseren Einkäufen ging es dann die letzen 1,5 km weiter an den See um dort dann endlich in die Entspannungsphase des Tages zu wechseln.

Das Haus ist innen bestens ausgestattet

Heute ging es während des Tages bei der Umwanderung des Mont-Saint-Rigaud (1009 m) auch für uns in luftige Höhen.

In der Spitze wanderten wir auf 963 Metern über dem Meeresspiegel. Leider ging es dann bis zum See wieder auf 569 Meter hinunter.

Mal schauen, was die nächsten Tage diesbezüglich noch für Überraschungen für mich bieten.

Sophie, Lionel und Mattise sind heute ihren eigenen Weg gegangen und das ist auch gut so, da jeder individuell völlig unterschiedliche Bedürfnisse beim Bewältigen der kraftzehrenden Herausforderungen des Tages hat. Lediglich mit Matisse bin ich zumindest ein kurzes Stück gemeinsam gegangen, da er in den Bergen mit seiner Leichtfüßigkeit seinen Eltern enteilte und mich dabei einholte.

Matisse ist ein sportlicher Pilger
Blick am Abend aus dem Haus am See

Au revoir

Heiner

Die sonstigen Bilder des Tages:

Süßes Frühstück im Château
Die ersten Meter auf dem Weg am Morgen
Richtung Col de Crie, jetzt wird es spannend!
erster langer Aufstieg des Tages
Pilgerlandschaft
Das leckere Obst auf dem Weg!
Schmetterling du kleines Ding!
schon wieder ne Pause? Ja!!
der nächste Aufstieg kommt bei insgesamt 1250 Höhenmetern ganz bestimmt
man achte auf das Größenverhältnis!
Fahrrad verrücktes Land France
wie bei den Indianern?
sonnenüberfluteter Aufstieg
Holz, Holz, Holz!
Plaketten ohne Ende
endlich mal ne Wanderin auf der Plakette!
Steiniger Weg
Der Moment in dem dir der Weg versperrt wird
… du aber trotzdem weiterläufst (bitte nicht weitersagen)!
Wildwuchs vor Propières
Blumen dürfen auf dem Weg nicht fehlen
Oui, j’ai les clés de la maison !
Hauslage die Entspannung ermöglicht, Pilgerfreizeit
Pilgernahrung
so schauts aus
(Anmerkung der Redaktion: Melone, im Salat enthalten, war vorher auf dem Bild nicht zu sehen, wir bitten das Versehen zu entschuldigen)

Sitze im Gîte Chateau Gros-Bois und darf zuallererst festhalten, dass ich das heutige Hochkraxeln und Absteigen im Mittelgebirge (Monts du Mâconnais) mit 1.200 zu bewältigenden Höhenmetern gut überstanden habe.

Mein heutiges Gîte, das Château Gros-Bois

Daneben gibt es leider auch eine weniger schöne Nachricht zu vermelden. Mein kleiner Freund „Eléphantico“ ist mir offensichtlich auf einer der letzten Etappen aus dem Rucksack gesprungen und entlaufen! Seit meinem letztjährigen Pilgeraufenthalt in Dijon begleitete er mich kontinuierlich auf meinen Etappen und war auch auf dem ein oder anderen Foto im Blog zu sehen. Nun ist der Glücksbringer weg und das finde ich sehr schade! Nach der heute beim Bürgermeisteramt von Ouroux umgehend aufgegebenen Vermisstenanzeige bat mich die Gemeinde für den Aushang in den umliegenden Pilgerorten zusätzlich noch ein Foto und ein paar nähere Angaben zum Vermissten in Form eines Plakatentwurfs bereitzustellen. Dieser Bitte bin ich dann gerne wie folgt nachgekommen:

Ich habe allerdings schon eine Vermutung hinsichtlich des Grunds seines Verschwindens … .

Eléphantico hat vielleicht nicht besonders gut gefallen, dass ich auf der Anreise nach Beaune in Dijon einen Artgenossen in einem Park in der unmittelbaren Nähe des Bahnhofs Dijon besucht habe … .

Das habe ich nun davon, mein kleiner Glücksbringer ist erstmal weg!

Pilgertreffen am Wegesrand

Beim Betrachten des obigen Bildes stellt sich dem geneigten Leser sicher die Frage, wie ich es denn um Himmels Willen auch noch geschafft habe, einem französischen Badeort auf dem Weg nach Ouroux einen Besuch abzustatten? Weit gefehlt. Sophie&Lionel gehen dieses Jahr mit Sohnemann Matisse tatsächlich als meine ersten Mitpilger in die Bloggeschichte ein und übernachten heute rein zufällig im gleichen Gîte!

Zum Kern der Wahrheit gehört allerdings auch zu erzählen, dass sich die französische Familie dem Thema „Pilgerwanderung“ ganz dezent nähern möchte und es zunächst einmal für 5 Tage auf dem Chemin des Allemands während der französischen Schulferien ausprobiert. Habe mich dennoch tierisch gefreut, die sympathische junge Familie als Mitpilger auf dem Chemin begrüßen zu dürfen und vielleicht haben wir in den nächsten Tagen sogar an dem ein oder anderen gemeinsamen Wegepunkt noch die Möglichkeit des weiteren Austauschs.

An meinem Pilgeroutfit muss ich bei der heißen Witterung dann allerdings noch feilen, damit wir als Pilgergruppe auf dem Chemin Saint Jacques akzeptiert werden können.

Das Haupthaus des Schlosses Gros-Broi

Die Eigentümer des Gîtes haben die französische „Pilger-Familie“ und mich wie gute Freunde behandelt und uns nach unserer Ankunft im Haupthaus des Schlosses „wie Gott in Frankreich“ verwöhnt. Es war für uns alle ein so kurzweiliger schöner Abend! Die Verständigung erfolgte auf französisch, englisch, deutsch und daneben sicherlich meinerseits auch mit Händen und Füßen.

Die große Tafel wird vorbereitet!

Zum heutigen erneut wunderbaren Pilgerweg möchte ich aufgrund der fortgeschritten Uhrzeit nicht umfangreicher berichten. Diesbezüglich darf ich auf die hoffentlich aussagekräftigen Fotos und das Video verweisen.

Bonne nuit de Chateau Gros-Bois

Der Caminopilger

Die sonstigen Fotos des Tages:

Schloss Tramayes am Morgen
Zugewachsener Brennesselweg am Morgen
Durch die Gassen des unbekannten Orts in die Berge
Da geht es gleich hoch!
Ein klein wenig hat es hier wohl auch gestürmt!
Bilderbuchweg
Modernes Raubtier beim Einsatz im Wald
Da soll ich jetzt auch noch hoch?
Forstwirtschaft
Verschlammte Wege
Pferd auf dem Chemin
Zauberhafte Bergwelt
Bergidylle
Kirche in Saint-Jacques-des-Arrêts
Saint-Jacques-des-Arrêts

Weg mit guter Fernsicht

Blumen auf dem Chemin Teil 1
Blumen auf dem Chemin Teil 2
Blumen auf dem Chemin Teil 3
Der Weg schützt vor der Sonne
Heutige Wegzehrung (gelber Pfirsisch)
Pilgerbrücke
Auftanken am Zielort
Wo muss ich nochmal hin?
Eingang zum Chateau
Pilgerschlafgemach im Nebenhaus
Schau mal, wir haben Pilgerbesuch!

Liege im bequemen Pilgerbett und versuche einmal die Geschehnisse des Tages in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Vorneweg, es war wieder ein sehr schöner und abwechslungsreicher Tag auf dem Chemin des Allemandes.

Pilgertraumweg

Vielleicht sollte ich die Geschehnisse aber besser chronologisch angehen.

Die Muschel das Symbol!

Die riesige Jugendherberge in Cluny hatte im Frühstückssaal genau zwei Tische eingedeckt. Der eine war für eine junge Französin mit dem seltenen Vornamen „Morgan“ bestimmt. Am anderen Tisch saß ich. Wie der Zufall es wollte, betraten wir nacheinander den Saal und recht bald danach fragte mich Morgan, ob ich denn Pilger sei? Nachdem ich dies bejahte bestätigte sie Ihrerseits ebenfalls das Pilgerdasein. „Jawohl ja, endlich mal ein Mitpilger/eine Mitpilgerin mit der ich mich auf dem Weg nach Le Puy austauschen kann“, kam mir spontan in den Sinn. Als Morgan mir recht bald ihr tatsächliches Pilgerziel offenbarte, war klar, dass sich unsere Wege in Cluny leider nur kreuzten. Sie pilgert in den nächsten knapp 5 Monaten nach Jerusalem und ich in den nächsten 12 Tagen nach Le Puy.

Quelle grande différence!

Mein Weg von Cluny nach Le Puy-en-Velay

Wäre ja auch nur zu schön gewesen, wenn ich mein Alleinsein auf dem Chemin, zumindest für ein paar Stunden/Tage, hätte unterbrechen können! C‘est le Chemin Saint Jacques!

Aufbruch Cluny Jugendherberge

Das Wetter schlug heute mitunter einige Kapriolen! Strahlender Sonnenschein zum Abschied in Cluny, wenige Kilometer später aber zogen dunkle Wolken am Himmel auf.

Dunkle Wolken am Pilgerhimmel!

Blitz, Donner und Schauer, die auf mich herunterprasselten, bedingten ein Unterstellen im Innenhof eines Bauern, der mir freundlicherweise beim Warten auf besseres Wetter Gesellschaft leistete.

Warten auf Erntewetter

Zudem verwandelte sich der schöne Jakobsweg kilometerlang in einen wahren Hindernislauf. Unzählige ungekippte Bäume und Äste versperrten den Weg und zwangen den Pilger zu einiger Akrobatik heraus. Die Unwetter der vergangenen Nächte haben also deutliche „Spuren“ auf dem Jakobsweg hinterlassen!

Erste Sturmschäden auf dem Weg

Die zweite Tageshälfte brachte mich mit einem kontinuierlichen und langen Aufstieg erstmals in Bergregionen, soweit man in 600 Meter Höhe schon von Bergen sprechen kann. Als „NiederrHeiner“ darf man das sicherlich!

Am Zielort Tramayes war dann klar, dass ich die erste weinbergfreie Etappe auf meinem diesjährigen Pilgerabenteuer erleben durfte. In Tramayes habe ich dankenswerterweise eine sehr schnuckelige und komfortabel augestattete Herberge vorgefunden.

„meine“ private Herberge

Herbergsvater Jaques ist in jüngeren Jahren auch als Pilger unterwegs gewesen und dabei in drei Monaten nach Santiago de Compostela gepilgert.

Jacques der Herbergsgeber mit dem frisch geduschten Pilger, der hier ein wenig aussieht wie ein nasser Hund 🐕 !

Tramayes selbst ist ein bescheidener Ort, der bei ca. 1.000 Einwohnern eine schöne Kirche und immerhin ein Schloss als Attraktionen aufzuweisen hat.

Zielortkirche mit Zielortpfirsischen

Au revoir de Tramayes

Die sonstigen Bilder des Tages:

Brunnen in Cluny mit Jacques Brel Widmung
Caminopilger vor dem Stadttor in Cluny
Stadttor Cluny von der anderen Seite
Haus in Cluny
Bauchige Mauer aus dem Mittelalter
Da hinten muß ich heute noch hinwandern
schnell noch ein wenig eigentümerlosen Wegverzehr ernten
Aus dem Chemin wird ein Hindernislauf!
Guten Morgen Pilger!
Pause im sturmbetroffenen Gebiet
Chemin Panorama
Endlich ein Mensch in Sicht!
schöne Wegesführung
Im Mittelgebirge angekommen
Feuchtraumgebiete
weltbestes Straßenschild in Tramayes
Jakobsweg unverkennbar
und die Wäsche ist auch schon gemacht!
Tramayes Zentrum
Mini-Herberge von vorne betrachtet
Wieviele Wege werde ich noch laufen?
Der Caminopilger im funkelnagelneuen Odlo-Shirt

„Der Täter kehrt immer zurück an den Tatort“ sagt man doch, oder?

In der Tat kehrte der „Caminopilger“ heute nach gut 12 Monaten zurück nach … Beaune!

Ja, genau DAS hektische und menschenüberströmte Beaune, das ich im Juli 2022 nach Erreichen des letzten Etappenziels am Nachmittag des 22.07.2022 überaus fluchtartig und schlechtgelaunt in Richtung Dijon verlassen hatte, da es unter anderem an diesem besagten Juli-Tag nicht einmal möglich war einen einzigen Pilger für eine Nacht zu beherbergen.

Die ersten sonnenverwöhnten Meter in Beaune

Vielleicht gibt es doch so etwas wie die Liebe auf den zweiten Blick! Auch wenn es nach den Vorjahreserlebnissen selbstredend schwer zuzugeben ist … . Tatsächlich habe ich den Charme von Beaune am heutigen Morgen einmal „von der besseren Seite“ kennenlernen dürfen.

Vielleicht lag es ja auch an Louis de Funes, den ich vom Bahnhof Beaune kommend in der Stadt „traf“.

Louis de Funes mit einem Schuh 🥿 in der Hand

Sein riesiges Konterfei an der Häuserwand zauberte mir ein erstes Lächeln ins Gesicht, das, stimmungstechnisch gesehen, am heutigen Tag offensichtlich eine lang anhaltende Wirkung auf meinen Gemütszustand haben sollte.

Filmszene aus dem Jahr 1966

Später am Tag konnte ich dann dank „wikipedia.de“ in Erfahrung bringen, dass mein Lieblingskomiker aus Kindestagen, Louis des Funes, im Jahr 1966 den französischen Erfolgsfilm „Drei Bruchpiloten in Paris (Originaltitel: La Grande vadrouille), in Deutschland auch unter dem Titel „Die große Sause“ bekannt, unter anderem in der Stadt Beaune gedreht hat.

La Grande Vadrouille

Der heutige Weg schlängelte sich übrigens erwarteterweise auf 22 Kilometern durch diverse Weinberge des Burgunds und hatte wenige echte Höhepunkte. Der allgegenwärtige Asphaltboden in den Weinbergen brachte viele Fahrradtouristen und einen traditionell lederhuttragenden Fußpilger ins heutige Etappenziel Chagny.

Die Trauben reifen unaufhaltsam!

Gut, dass ich wenigstens meinen kleinen „Freund“ wieder auf den Chemin mitgenommen habe.

Merke: Zusammen ist Mann weniger allein!

Elefant auf dem Chemin

Untergebracht sind „wir“ heute bei Fanny Got einer bekannten Comedy-Artistin aus Chagny die, gemeinsam mit ihrer positiv verrückten Familie, Pilgern für eine Nacht eine Heimat schenkt und sich rührend um diese kümmert. Auf meine Frage hin, ob Fanny denn auch schon mal selbst auf den Jakobswegen unterwegs gewesen sei, kam ein blitzschnelles „Nein“ von ihr versehen mit dem warmherzigen Zusatz: „Ihr Pilger seid mein Jakobsweg.“

Da war er schon wieder, der Zauber des Jakobswegs.

Louis de Funes und Fanny Got, die schon in großen Comedy-Theatern in Paris auftrat, mehr kann ein Pilger am ersten Tag seines diesjährigen Pilgerabenteuers doch wirklich nicht verlangen, oder?

Hôtel de Ville Chagny

Bonne nuit des Chagny

Der Caminopilger

Ultreia, gehe deinen Weg.

Die sonstigen Bilder des Tages:

Beaune
wieder Beaune!
Hôtel de Ville Mersault
Zwischenmahlzeit!
Heilige Früchte 12.08.23 Part one
Heilige Früchte 12.08.23 Part two
Heilige Früchte 12.08.23 Part three
Unterschlupf für wen oder was auch immer!
Da gehts lang Richtung Chagny
Butterflies einmal als Kunstobjekt
Wegemarkierung
Ode an die Winzer
Yes! Chagny!!
Romanische Kirche Saint-Martin Chagny
Happy flowers, happy people!
Ende für 2022

Die letzte Etappe meiner ganz persönlichen Tour de France in diesem Jahr liegt nun schon zwei Tage zurück. Während die Radprofis der einzig wahren „Tour de France“ heute noch mal in Richtung der Champs-Élysées mit dem Ziel des l’Arc de Triomphe in Paris in die Pedale treten, habe ich meine sieben Sachen heute Morgen in Trier gepackt und sitze derzeit im Zug, der mich umweltfreundlich in meine niederrheinische Heimat befördert.

Übrigens gibt es bei einer Pilgerwanderung, anders als bei den gedopten Radrennfahrern heute in Paris, keine Siegerehrung.

Vielleicht sollte ich die Geschehnisse der vergangenen Tage besser chronologisch „erzählen“. Mann/Frau kommt ansonsten ja ganz schön durcheinander. Allein an der Tatsache, dass ich mir so eine lange Zeit gelassen habe, um diesen letzten Etappenbericht zu verfassen und ein Gesamt-Resumee zu ziehen, kann man erkennen, wie schwer mir der erneut temporäre Abschied vom Jakobsweg fällt.

Die letzte Klappe fiel am frühen Nachmittag des vergangenen Freitag in Beaune nach insgesamt 377 gelaufenen Kilometern und 16 Tagesetappen.

Stadttor Porte Saint-Nicolas Beaune

Beaune ist übrigens das Zentrum des Weinbaugebietes der Côte de Beaune und voller touristischer Sehenswürdigkeiten.

Stadtzentrum Beaune

Genau das war mein Problem! Die 19 km lange Wanderstrecke, erneut überwiegend durch die Rebstöcke und Weinfelder der Region, hatte mich bei der Stärke der Sonnenstrahlung müde werden lassen. Nach der Einsamkeit des Tages dann mit dem pulsierenden Stadtleben, Kommerz und Konsum konfrontiert zu werden, ist für einen Pilger nur schwer zu verarbeiten.

Was kostet die Welt, Geld spielt keine Rolex!

Man sehnt sich danach, den Staub des Tages aus den Klamotten zu schütteln und diese schnellstmöglich zu wechseln. DAS war in Beaune leider nicht möglich. Pilger-Lonely-Planet, Outdoor Handbuch und sämtliche Portale im World Wide Web konnten da am Vortag schon nicht helfen. Das schmucke Städtchen war zum Wochenende in der überaus angesagten Cote D‘or Weinbauregion ausgebucht! Einmal in Beaune angekommen, hatte ich aufgrund meiner Wahrnehmung und meinem Empfinden auch gar keine Lust mehr nach einer Krippe zu suchen. Einfach bedauernswert, dass eine eigentlich sehr schöne und bedeutende Stadt auf dem Jakobsweg nullkommanull an die Bedürfnisse der Pilger denkt und keinerlei Unterkünfte für diese zur Verfügung stellt.

Glücklicherweise hatte Clotilde, die Mitarbeiterin des Bürgermeisteramts in Ahuy, auf meinen Anruf hin, wieder eine private Übernachtungsmöglichkeit bei Freunden in Dijon für mich ausfindig machen können. Erleichterung pur bei mir, da ich wirklich keine Lust mehr hatte, die Gassen von Beaune in Kir-Royal-Laune weiter zu erkunden. So wanderte ich schnurstracks und schnellstmöglich zum außerhalb der Stadt gelegenen Bahnhof und war schier erlöst als der Trubel vorbei war.

Gare de Beaune

Die noch nicht einmal halbstündige Zugfahrt von Beaune nach Dijon verging wie im „Flug“. All die Örtchen und Hügel der vergangenen zwei Tage bekam ich so noch einmal präsentiert, ohne dass der Schweiß mir erneut von der Stirn laufen sollte.

Das Ticket zum Paradies

In Dijon ging es dann völlig unkompliziert in die Tram Nr. 2

Lila Tram in Dijon

und schwupps stand ich im Norden Dijons vor dem Haus von Michèle und François. Willkommen im Paradies!

Die wunderschöne Terrasse der Familie, der einladende Pool, der blumenüberhäufte, für Naturliebhaber begeisternd große Garten, die sympathische Begrüßung der Gastgeber und zweier anwesender Freunde, das alles und noch viel mehr, waren so wohltuend für mich nach den mich so sehr störenden Touristenschwärmen des frühen Nachmittags in Beaune.

Christiane, François und der Pilger

In Kenntnis meiner „Müller für eine Nacht – Story“ erlaubte sich François einen schelmischen Spaß und zeigte mir die in seinem Haus angeblich für mich zur Verfügung stehende Duschwanne. „Immerhin größer als die vom Müller tatsächlich benutzte verblichene Spülschüssel“ dachte ich beim Anblick der eisernen Wanne.

Körperpflege wie bei Oma früher in Bayern

Die Wirklichkeit sah natürlich ganz anders aus. Ein sehr modernes Gästezimmer mit einer noblen Dusche und einem superbequemen Bett durfte ich am letzten Abend meines Pilgerabenteuers in Frankreich für mich ganz alleine nutzen. Regionale Käsespezialitäten, Biere, Weine und ein wohlschmeckendes Menue rundeten für mich den Besuch ab.

8 Umdrehungen Café-Bier, regionale Spezialität, haut garantiert jeden Pilger um!

Das allein war es aber nicht, was den Tag bei François und Michèle zu einem besonderen Camino-Erlebnis für mich machte. Es waren vielmehr der tiefgründige Austausch über aktuelle Themen der Zeit, Familie, Beruf und darüber hinaus auf englisch, französisch und erfreulicherweise auch auf deutsch 🇩🇪!

Die Zeit im Paradies verging für mich wie im Flug. Neben den bereits geschilderten Dingen hinterließen die vielen wunderschönen Gemälde von François, in den schillerndsten Blautönen, einen besonderen Eindruck auf mich. Ich hoffe, dass François mit der Veröffentlichung eines seiner Werke an dieser Stelle einverstanden ist. 😉

Die Kunst von François, total klasse!

Geschlafen habe ich übrigens wie ein Engel auf der superbequemen Matratze im riesengroßen Bett.

Nach einem mich sehr verwöhnenden Frühstück galt es dann leider wieder Abschied zu nehmen, da meine Zugfahrt über Nancy, Metz nach Luxemburg ja schon um 10:55 Uhr ab „Gare Dijon“ auf dem Programm stand.

Au revoir chère Michèle et cher François. Merci beaucoup pour tout ! À bientôt, j’espère.

Michèle, François, Heiner –
Gastgeber und Pilger Selfie

Als ich bereits im Zug nach Nancy saß erhielt ich die „freudige“ Nachricht, dass zwei Zugverbindungen (Bettembourg- Luxembourg u. Luxemburg-Trier) aufgrund von Bauarbeiten durch Schienenersatzverkehr, sprich Busse 🚌, ersetzt werden müssen.

Das schönste bei diesen „Hiobsbotschaften“ war, dass es mich noch nicht einmal elementar störte. Die „unendliche Leichtigkeit des Seins“ war wieder da zum Ende meiner Pilgerreise!

Der Plan, auf dem Weg nach Haus noch eine Übernachtung in Deutschland oder Luxembourg einzuschieben, war allerdings schon vorher in meinem Kopf. Doch jetzt schritt ich nach den angekündigten Verspätungen tatsächlich zur Tat und rief das Klostergästehaus in der Franz-Ludwig-Str. 7 in 54290 Trier an (Tel.: +4965197690, Übernachtung nur für Pilger mit Ausweis; Zimmer/Etagendusche inkl. Beherbergungssteuer: 25,53 €) .

Tatsächlich konnte man mir so kurzfristig noch für den Abend ein Bett reservieren. Was für eine angenehme Überraschung, die am 27.05.2016 in Trier begonnene Wanderung auf dem „Chemin des Allemandes“ endete dann (vorläufig) mit einer Übernachtung an gleicher Stelle. Schon 2016 übernachtete ich in Trier im Klostergästehaus der Schwestern vom Hl. Joseph. Dazwischen lag bedingt durch eine hartnäckige Verletzung am Fuß und C19 eine unfassbar lange Pilger-Auszeit.

Caminopilger im Kloster

Wenig überraschend endete aber auch diese Verlängerung meiner Pilgerzeit in der von der Vergangenheit so sehr geprägten stolzen Stadt Trier und ich bin wieder am Ausgangspunkt meines heutigen Textes gelandet. Köln, Mönchengladbach und dann hoffentlich Kaldenkirchen heißen die Etappenziele der andauernden Zugfahrt. Städte und Orte, die neben dem privaten auch mein berufliches Leben bestimmt haben. Die verbleibenden 10 km zu meiner Heimatgemeinde Brüggen werde ich dann per pedes durch den Grenzwald von Kaldenkirchen bewältigen. Training für das nächste Pilgerabenteuer, wer kann diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt schon beantworten? Ein kurzer Blick in den ungeliebten Outdoor-Wanderführer weist die noch verbliebene Strecke von Beaune bis Le Puy-en-Velay mit 17 Tagesetappen und 387 Kilometern aus. Rein zufällig habe ich auf meinem zurückliegenden Pilgerweg der vergangenen 16 bis 17 Wandertage (einschließlich Prolog) nahezu exakt solch eine Wanderleistung bewältigt. Es wäre doch jammerschade das Pilgerprojekt (Trier – Le Puy) nicht in den nächsten Jahren zu veredeln. Wann genau das stattfindet, das steht noch in den Sternen geschrieben. Nur eins möchte ich nur all zu gerne versprechen.

Wiedervorlage Beaune – Le Puy-en-Velay

Ich werde diesen Weg zu Ende gehen, soweit meine Gesundheit und andere Dinge, auf die wir alle keinen wirklichen Einfluss haben, dieses Vorhaben in Europa zulassen.

Dokumentation Trier – Beaune (2016-2022)
16 Felder im Pilgerausweis sind noch frei 😀

Bedanken möchte ich mich zum Schluss bei meinem „Alter Ego“, Herrn Innenmeniskus,

Dehnungsübungen für den Innenmeniskus

dass er bis zum Schlusspfiff in Beaune tatsächlich durchgehalten hat.

Mein weiterer Dank gilt Euch da draußen, Familie, Freunden, Bekannten und Unbekannten, die sich die tägliche Berichterstattung von mir „angetan“ haben. Mein Weg war so sehr einsam in den zahlreichen französischen Departements, dass ich ohne Eure Unterstützung und das Interesse so manche Tiefe mehr auf dem Weg erlebt hätte. Die Wehwehchen, Pleiten und Pannen sind bald vergessen. Was bleibt sind die Menschen am Ende jeden einzelnen Tages, die unbeschreiblichen Erlebnisse, die verrücktesten Übernachtungsplätze, die Kühe, Schmetterlinge, der Jakobsweg und die Stadt Dijon, die ich wirklich in mein Herz aufgenommen habe. J’adore Dijon!

J’adore Dijon!

Buen Camino. Ultreia!

Heiner

Caminopilger im Cote‘D‘or Weinberg

PS: Glaubt dem Menschen kein Wort, er ist und bleibt …

der größte Caminopilger-Schwindler 🥾 aller Zeiten!

Die Bilder der letzten Tage:

Eva aus Nuits-Saint-Gorges
hier geht es lang
Château Corton C.
Yellow von Coldplay so ein starker Song!
Nic ht wahr?
Le Vin
Vier Blumen Stadt Beaune
Heilige Früchte in Beaune, frei nach Forough!
Beaune
Gare de Dijon
Gare de Nancy
Bettembourg zum Bus
Gare de Luxembourg
Luxemburg ist der Hammer!
Trier am Tag
Bitburger, nicht meine zweite Heimat, aber zur Not geht das Bier aus der Eifel auch …
Trier in der Nacht
Leckeres arabisches Essen in der Wunderlampe/Trier
lasst mich bitte noch ins Kloster rein, ich weiß, dass es spät geworden ist!
Mohnkuchen im Zuch, Pilgerfreund was willst du Meer?
Welcome to Deutsche Bahn; auf dem Weg nach Kaldenkirchen!
Grenzwald auf dem Fußweg nach Hause
Da läuft Mann nach Hause und denkt er wäre immer noch auf dem „Chemin des Allemandes“. Dabei ist es nur der linke Niederrhein. Meine schöne Heimat 🤠!
Zusammen ist man weniger allein!
Mein kleiner Freund in den Weinbergen des Burgunds.

Ich verließ mein in der Nähe des „Place de la Libération“ gelegenes „Studio 1“ in Dijon „früh“ am Morgen gegen 7:30 Uhr. Über die „Route der Grands Crus Dijon“ ging es dann 5 km stadtauswärts westlich in Richtung Chenôve um von dort aus wieder auf den „Chemin des Allemandes“ zu gelangen.

Sonnenüberflutete Kirche auf dem Weg nach Chenôve

Dort begann am Rathaus in die eigentliche Tagesetappe nach Nuits-Saint-Gorges. Welch großer Unterschied es dann doch wieder war auf dem Jakobsweg „zurückgekehrt“ zu sein. Aus der pulsierenden, wunderschönen, geschichtsträchtigen und kulturell verwöhnenden Stadt Dijon direkt in die Weinberge zu gelangen ist ein eindrucksvolles Kontrastprogramm.

Der Wein und der Jakobsweg

Die von weit her schon leuchtenden Dächer der Kirchen mit ihren bunt glasierten Dachziegeln in der Region hatten es mir heute besonders angetan. Ich kam an keinem Gotteshaus vorbei ohne nicht zumindest ein paar Fotos zu schießen.

Der Wein und die Kirche

Zahlreiche vom Weinanbau lebende kleine Örtchen galt es auf dem Weg nach Nuits-Saint-Gorges zu durchwandern und dabei Weingüter, Châteaux und andere schöne Anwesen zu bewundern. Das Burgund verfügt im Departement Cote D‘dor wirklich über eine eindrucksvoll schöne Landschaft. Wo in den Tagen zuvor noch Weizen, Gerste und Roggen die landwirtschaftlichen Bilder des Tages bestimmten, waren heute, zum ersten Mal in dieser Ausschließlichkeit, die Weinreben allgegenwärtig. Gepaart mit ein paar ordentlichen Höhen oberhalb der Weinberge, die mich bei der hohen Luftfeuchtigkeit mit ihren Steigungen zu Schweißausbrüchen führten.

Best of Steigung von oben betrachtete 27 Prozent!

Am Ende des Tages war ich wieder einmal froh gut angekommen zu sein, ein Bett zu haben und stellte mit einem erschöpften Bedauern fest, dass dies der vorletzte Streich auf meinem 2022er Camino gewesen ist.

Ich trödelte in meinem kleinen Airbnb-Zimmer in der „Rue Gelix Tisserand“ nach der wohltuenden Körperpflege gemütlich vor mich hin und hielt anschließend im Ort relativ spät nach einem Restaurant Ausschau. Das hatte leider zur Folge, dass ich in keinem der erstaunlicherweise zahlreichen Gasthäuser einen Platz mehr bekam. Meine Schuld. Die Franzosen lieben eben das Leben und strömen nach den so sehr belastenden gesellschaftlichen Einschränkungen der vergangenen zwei Jahre verständlicherweise in Scharen in die Restaurants der Orte und Städte.

Ortsmitte Nuits-Saint-Gorges

Ich habe dann eben ersatzweise eine vegetarische Pizza zum Mitnehmen bestellt und diese auf einer gemütlichen Parkbank gegessen. Sie hat mir übrigens sehr gut geschmeckt und der schöne Blick auf die „Les Caves Du Palais“, den ich beim Essen hatte, ist sicherlich klein wenig entschädigend für das Dilemma meiner erfolglosen Tischsuche im Burgund.

Les Caves du Palais

C‘est la vie! Morgen geht es zum Abschluss nach Beaune.

Bon nuit des Nuits-Saint-Gorges

Die Bilder des Tages

Auszug aus Dijon
ganz schön warm heute
da will ich aber nicht hin
beeindruckendes Dach
Die Früchte der Pilger; hier: Mirabellen
Pilgerdoping in bleu
Dali, oder was? Kunst auf dem Weg.
Heute schon in den Spiegel geguckt?
Weingut
bescheidenes Cru Weingut
Napoleon!
auch hübsch anzusehen
Der Weg
Das Symbol
Winzer Snapshot
Friedhof Nuits-Saint-Gorges
Kirche Nuits-Saint-Gorges
Blütenmeer/Pflanzenpracht
Nuits-Saint-Gorges
Rathaus Nuits-Saint-Gorges
Pilgerbelohnung vor dem Schlaf
noch 1 x schlafen und dann ist Schluss
Dijon!

Gleichwohl ich voranstellen muss, dass ich mich heute definitiv in die Stadt Dijon verliebt habe, gehören die nächsten Zeilen Daniel meinem ebenfalls pilgernden Gastgeber in Ahuy.

Der 83 jährige verwitwete Rentner und ich hatten uns so viel zu erzählen über unsere Erfahrungen auf den Jakobswegen und darüber hinaus. Zunächst war ich doch baff erstaunt, dass sich Daniel nahezu ausschliesslich auf Deutsch mit mir unterhielt. Der Grund für seine Sprachkenntnisse liegen lange Zeit zurück und hängen mit der Liebe seines verstorbenen Vaters zusammen, der 40 Jahre in Deutschland lebte, mit einer deutschen Frau liiert war und mit dieser und seinem Sohn Daniel lange Jahre in der Nähe von Freiburg lebte.

Pilger unter sich, Daniel und Heiner im Garten des Gastgebers

Das Haus von Daniel könnte glatt als Heimatkundemuseum durchgehen, Orden über Orden, Pilgerurkunden und andere Pilgerutensilien, aber auch Lauf-Teilnehmerurkunden in jeder Ecke seines großen, von ihm allein bewohnten, Hauses. Teilnahmebestätigungen von Marathonläufen in New York, Berlin, Tokyo und Ultra-Laufveranstaltungen über 100 km Strecke deuten nur ansatzweise an, welch großartiger Sportler Daniel gewesen sein muss. Bei allen gelebten und geliebten Aktivitäten scheint die Pilgerei aber Daniel am meisten am Herzen zu liegen. Nahezu euphorisch redet er über dieses Thema und verrät in einem kleinen Nebensatz seine auf den Jakobswegen nach Santiago de Compostella insgesamt gelaufene Gesamtstrecke in Höhe von 10.000 Kilometern.

Daniels Tampon Sammlung

Mit meinen ungefähr 3.800 gepilgerten Kilometern gelte ich da ja fast noch als Pilger-Novize, merke aber demütig an, dass ich ja noch ein wenig Zeit habe Daniel nachzueifern.

Merci beaucoup Daniel. Ohne den „Lonely Planet für Pilger“ hätte ich diese schöne Zeit mit dir wohl nicht erlebt! Bon camino. Ultreia!

Daniels Haustüre verziert mit der Jakobsmuschel

Nachdem ich Daniels Haus verlassen hatte, ging es zunächst einmal zum Rathaus der Gemeinde Ahuy mit seinen 1.464 Einwohnern. Das Chef-Sekreteriat kümmerte sich höchstpersönlich um den Stempelabdruck in meinem „Credencial del Peregrino“ und erklärte sich bereit, in den nächsten Stunden nach einer Pilgerunterkunft für mich in der Stadt Dijon suchen zu lassen. Meine Versuche etwas in diese Richtung vorab alleine auf die Beine zu stellen waren dieses Mal trotz aller Tricks und Lonely Planet Listen gescheitert.

Mit reichlich Verspätung ging es dann auf den „Chemin“ und aus den grauen Wolken fiel tatsächlich etwas Nasses. Regen im Departement Cote D‘dor! Dieser sollte bis zu meiner Ankunft in Lyon immer wieder mal schauerartig vom Himmel fallen.

Der Pilgerverein im Burgund hat eine wunderbare Streckenführung durch die Natur festgelegt, die dadurch leider auch einen großen Bogen um das Zentrum der Stadt Dijon macht. Ich finde es sehr schade, dass den Pilgern dieses schöne Etappenziel genommen wird. Was wär beispielsweise der Camino Frances ohne die Etappenziele im Stadtzentrum von Burgos und Leon?

der Jakobsweg geht um Dijon herum

Ich hatte von Anfang an zum Ziel, bei meinem diesjährigen Pilgerabenteuer Dijon zu erreichen und die Stadt dann aber auch für ein paar Stunden besichtigen zu wollen.

Über Fontaine-lès-Dijon, Talant, den Lac Chanoine Kir und den Bahnhof von Dijon erreichte ich dann frühnachmittags die riesige Altstadt von der Hauptstadt der Region Bourgone-Franche-Comté. Eigentlich hatte ich das Gefühl, dass ganz Dijon eine einzige große Altstadt ist, soviel kann man dort besichtigen und Kultur erleben.

Aufgeweicht vom bis dato in 14 Tagen nicht aufgetretenen Regen wollte ich nicht bis zum Anruf der Chefsekretärin des Bürgermeisters von Ahuy warten und bezog kurzerhand ein günstiges hervorragend gelegenes Airbnb-Studio unmittelbar am „Place de la Libération“. Ich kam aus dem Staunen über die Schönheit und die Atmosphäre der Stadt nicht mehr heraus.

Besonders kennzeichnend für die Freundlichkeit und Verlässlichkeit der Menschen hier im Burgund erreichte mich dann gegen 19:30 doch noch ein Anruf, dass man endlich eine Unterkunft bei „Bekannten“ für mich gefunden hätte, die sich freuen würden, wenn ich heute Abend ihr Gast sein würde. Die Frau am anderen Ende der Leitung sprach Deutsch und ich fühlte mich fast schon ein wenig schuldig, die schnelle Unterkunftslösung in meinen nassen Klamotten sehr frühzeitig vorgezogen zu haben, bedankte mich für diesen rührigen Einsatz.

Je taime Cote d‘Dor.

es ist nicht die Schokolade, die kommt nicht aus Frankreich, sondern aus Belgien 🇧🇪 ! 🙈

Beim nächsten Mal bringe ich definitiv ein besseres Französisch mit auf den Pilgerweg.

Nach dem Stadtrundgang und guter indischer Küche ging es dann wieder zurück ins Studio Nr. 1, schließlich stehen ja noch zwei vollwertige Etappen bis Freitagnachmittag auf dem Pilgerplan .

Morgen früh benötige ich erstmal wieder 5-6 Kilometer um auf den Jakobsweg zurückzukehren.

Danach gehts über Chenôve, Marsannay-la-Côte und andere nicht genannte Orte nach Nuits-Saint-Georges! Insgesamt, wenn ich mich nicht verlaufen werde 🙈, ist das dann eine „anständige“ 27 Kilometer lange Pilgerwanderung.

Bon nuit de Dijon (Studio 1)

Der Caminopilger

Die Bilder des Tages zum Teil, aus schlaftechnischen Gründen, ohne Untertitel

Rathaus Ahuy
Wer ist der Mann im Regen? Wo ist sein Hut?
Purple rain!
zauberhafter Weg nach Dijon
Welcome to Dijon. Geschafft!
Regen in Dijon und in Deutschland brennt der Baum
Studio 1 bepilgert
Eglisé Saint-Michel
Die Wahrheit steht im Kühlregal
Konzert 30 Meter vom Studio 1 entfernt!
Konzertmitschnitt ohne GEMA-Gebühren
Hab den Kleinen beim indischen Restaurant geschenkt bekommen weil ich meinen Spinat so schön verputzt habe 🥾🤠
Den Morgen verbringe ich gerne im Sonnenblumenfeld.

Die Unterkunftssuche stellt den Pilger auf dem Chemin des Allemandes mitunter, wie an dieser Stelle wiederholt aufgezeigt, vor unlösbare Aufgaben. Nach ein paar Wochen hier auf dem Jakobsweg in Frankreich habe ich endlich verstanden wie es besser laufen kann! Die privaten und gewerblichen Anbieter der Unterkünfte besitzen in allen Departements umfangreiche Datensätze und Listen über anderweitig nicht publizierte private Unterkunftsmöglichkeiten entlang des Weges.

Der Datenschutz lässt ein schärferes Foto nicht zu 😈!

Diese „Betten“ sind zwar nicht immer direkt am Weg gelegen, aber auf ein paar hundert Meter kommt es bei den zumeist machbaren Tagesetappen dann auch nicht mehr an. Das schöne an den Listen ist, dass die privaten Unterkünfte sehr häufig von Leuten zur Verfügung gestellt werden, die selbst Pilger sind und gegen „Donativo“ die Übernachtung nur für auf dem Weg befindliche Pilger zur Verfügung stellen. Wenn es schon kaum Herbergen auf dem Weg gibt, dann ist das für mich zumindest immer noch authentischer als „Hotelbesuche“ und passt einwandfrei zum Jakobsweg, da die Gastgeber die müden Pilger in den allermeisten Fällen mit Pilger-Herzblut empfangen. Bisher habe ich jedenfalls beste Erfahrungen mit dieser Art der Übernachtungen machen dürfen. Auffallend ist, dass die meisten Gastgeber die angesprochen Listen, sozusagen den Lonely Planet Übernachtskatalog für Pilger, ungern rausrücken und im Höchstfall einzelne Fragmente in Zettelform dem Pilger mit auf den Weg geben. Ich habe diesen gehüteten Goldschatz mittlerweile von einem der bisherigen Gastgeber dankenswerter Weise vollständig ausgehändigt bekommen und benutze ihn seitdem täglich bei meiner Quartiersuche.

Kennzeichnung des Weges im Cote D‘dor

So landete ich gestern bei Monsieur Sabatier in Marcilly sur Tille und staunte nicht schlecht als ich gegen 17:00 Uhr zum verabredeten Zeitpunkt vor einem abgeschlossenen Tor stand.

Das Tor zum Pilgerglück

Dahinter befand sich ein riesiges parkähnliches Anwesen am Fluss und der historischen Mühlenanlage des Ortes Marcilly-sur-Tille. Mittendrin ein riesiges malerisch gelegenes großes Herrenhaus. Beim Anblick dieser kinowürdigen Kulisse lief der Spielfilm in meinem Kopf schon ab. Wasserhähne aus Gold, Entmüdungsbecken für Pilger, eisgekühlter Burgunder am Pool und Barbecue. Man da habe ich heute ja das ganz große Los gezogen! Nach kurzer Zeit kam Herr Monsieur zum Tor, öffnete es aus der Ferne mit ner Funkverbung, und begrüßte mich freundlich auf seinem Anwesen. Als ich in freudiger Erwartung in Richtung des feudalen Herrenhauses gehen wollte, zeigte er überraschenderweise mit einer eindeutigen Handbewegung in die andere Richtung, also wieder vom Anwesen weg auf die Straße. Was soll das denn geben, dachte ich leise vor mich hin, zumindest leicht irritiert in diesem wieder zuhöchst bühnenreifen Moment. Ich hatte mich doch schon so sehr auf das Pilgerluxusleben eingestellt… . Der weitere Weg war dann zumindest nicht weit, genau gesagt waren es lediglich 10 Meter. Das Anwesen von Monsieur Sabatier ist unter anderem von der historischen Mühlenanlage eingegrenzt, die wohl offensichtlich auch noch zu seinem Anwesen zählt.

Müllers Mühle

Zugleich öffnete er das erste erreichbare Schloß und schwupps standen wir vor einem niedlich hellen historischen Häuschen.

mein Mühlenreich

„Voila“, dies war also meine puristische Übernachtung. Das historische Haus des Müllers, der erschöpft von der harten Arbeit in vergangenen Zeiten nicht all zu weit von der Mühle wohnen sollte um quasi ständig verfügbar zu sein. Genau genommen zählt das Knusperhäuschen damit zur Mühlenanlage. Monsieur erklärte mir mit einem besonderen Schalk im Nacken, dass ich für eine Nacht in die Rolle des Müllers schlüpfen würde.

1 Mühlen-Mann-Albergue

Mir gefiel das Szenario, dennoch war ich mir irgendwie nicht sicher, ob der Müller in früheren Jahrhunderten eine Dusche und ne Toilette kannte. Damit lag ich mal zu 100 Prozent richtig, die Toilette war 50 Meter entfernt in einem Schuppen des Nachbargebäudes untergebracht. Um diese zu benutzen wurden mir sage und schreibe drei Schlüssel ausgehändigt. Auf meine ergänzende Frage nach der Duschmöglichkeit, zeigte Monsier mit einem breiten Grinsen auf eine im Haus befindliche verblichene gelbliche Plastikschüssel mittlerer Spülgröße.

Mann achte auf die Spül-/Duschschüssel

Anschließend begutachtete er gemeinsam mit mir die Stelle am Fluß, wo ich mich zur Körperpflege unbeobachtet entkleiden könne.

Duschplatz am Fluss

Ich nahm alles mit ner großen Prise Humor und sagte zu ihm, dass es in Indien am Ganges genauso sei. Willkommen im naturverbundenen puristischen Pilgerleben! Ich tat, wie mir beFOHLEN wurde und machte mich am Fluss nackig. Herrlich! Das Pilgermenue stellte ich mir im örtlichen Einkaufsmarkt zusammen, da die Restaurants vort Ort ( Achtung: running gag) geschlossen hatten.

Des Müllers Abendmahl in der Mühle

Geschlafen habe ich übrigens herrlich als Müller für eine Nacht. Am heutigen Morgen brachte Monsieur mir gegen 07:00 Uhr dankenswerterweise frisch gebrühten Kaffee zum Müllershaus, setze den Tampon (deutsch: Stempel) in meinen Pilgerausweis und ich war 10 Minuten später wieder auf meinem Weg, ohne auch einen weiteren Blick vom Herrenhaus im Park während meines gesamten Aufenthalts erhascht zu haben. So ist eben das harte Leben eines Müllers!

Der Müller und sein Chef

Die heutige Tagesetappe nach Ahuy war insgesamt betrachtet eine staubtrockene und menschenleere Angelegenheit deren Höhepunkte zum einen eine zum 2ten Frühstück verzehrte leckere, mit Carte D‘or Schokolade und Bourbonne Vanillepudding gefüllte, Schnecke 🐌 und ein geniales Mittagsmenue in Messigny-en Vantoux waren.

so schaut es aus wenn ich nach unten gucke

Glücklicherweise hatten die Streckenplaner wieder ein Einsehen mit mir im Glutofen. Den kerzengeraden, langen und smarten Aufstieg nach Ahuy konnte ich im schattigen Wald gut meistern. Mein Lonely Pilger Planet Führer hat mir heute eine Übernachtung bei dem vitalen 83 jährigen Daniel geschenkt. Von ihm werde ich morgen an gewohnter Stelle ein bisschen mehr erzählen.

Es lebe der Camino.

Ahuy!

Der Caminopilger

Die Bilder des Tages:

Wüstenblumen
Pilgerziel ist …
Cote D‘or Schnecke 🐌
ist das Mittagsmenue wirklich ne gute Entscheidung? Aber… Siesta muss sein.
auf dem Weg zum feudalen Mittagsmenue
der Blick zurück auf den gegangenen Weg
schönes Haus auf dem Weg
Weinstöcke 🍷 im Burgund
Friends will be Friends, oder was wäre ich ohne die Kühe auf dem Weg!
bescheidenes Pilgermahl
Durch den Wald nach Ahuy
bei Daniel angekommen
und die tägliche Pilgerwäsche ist auch schon erledigt 🤠
Der Caminopilger ist noch 3 Tage auf dem Weg.
So sieht ein Vorzeige-Morgen auf dem Jakobsweg aus

Ich muss zu Beginn meiner Ausführungen etwas zum gestrigen Aufenthalt nachreichen. Völlig unverhofft bin ich erneut in einer Herberge gelandet. Namentlich die Unterkunft des Pfarrzentrums „Centre Paroissial Nazareth“ in Grancey-le-Château. Die voll ausgestattete Herberge hat Platz für 8 Pilger. Wie sehr überraschend, dass sie für mich gestern wieder zur Einzelbelegung bestimmt war. Die auf dem Zettel von Madame Vollmer angegebene Familie Naudet, die ihr Haus nur einen Steinwurf entfernt von der Herberge bewohnt, hat mich dann kulinarisch mit vier herumtollenden Enkelkindern hervorragend am Abend verwöhnt und am heutigen Morgen mit einem leckeren Frühstück versorgt. Ein bunter Sprachmix aus Französisch, Englisch und Deutsch sorgte für eine sehr kurzweilige Zeit, in der viel gelacht wurde. Madame Naudets Rhabarbermarmelade und der Käse aus der Käserei des Schwiegersohns sind einfach unschlagbar gut. Als Pilgermedizin wird auch im Hause Naudet unmittelbar nach dem Eintreffen belgisches Abteibier gereicht!

die zweite Herberge auf dem Weg
Pilgermedizin die Zweite

Am heutigen Morgen bemerkte ich schon bald beim Blick auf eine Straßenmarkierung kurz nach dem Verlassen von Grancey-le-Château, dass ich wohl schon gestern erneut das Département gewechselt hatte. Nun pilgere ich durch das sonnenüberverwöhnte Departement Côte D‘or. Warum nur bekam ich bei diesem klangvollen Namen Heißhunger auf Schokolade?

Schokoladengelüste bei 38 Grad Außentemperatur

Hauptstadt der Gebietskörperschaft Côte D‘or ist Dijon. Damit ist klar, dass ich schon bald mein diesjähriges Pilgerziel erreichen sollte.

Aus der Heimat erreichte mich am heutigen Nachmittag übrigens ein fürsorglicher und flehender Anruf. „Ich sollte doch bitte meine Wanderung wegen der verheerenden Temperaturen vorzeitig abbrechen.“ Für den heutigen Tag darf ich Entwarnung geben. Traumhaft schattige Pfade und sonnenüberflutete Wege hielten sich in etwa die Waage. Den Streckenplanern in Côte D’or darf man an dieser Stelle einmal ein Kompliment machen. Ich hatte meine Gedankengänge bei der Tagesetappe noch beisammen und torkelte auch nicht herum. Übermorgen sollen die Temperaturen, wie auch in Deutschland, schon wieder deutlich heruntergehen und das erleichtert die letzten Tage meiner Pilgerwanderung doch sehr. Die morgige Hitzeetappe ist von der Streckenlänge (ca. 22 km) entsprechend dem Wetterszenario angepasst.

Wandern 🥾 in der Côte d‘Or Sahara

Gestört hat mich heute vielmehr, dass ich kurz hinter Marey-sur-Tille ca. 300 Meter auf einer frisch geteerten Straße laufen musste. Mein Einwand, dass dieser Belag doch sicherlich nicht all zu gut für meine Schuhsohlen sein werde, ließen die Bauarbeiter nicht gelten und gaben auch mir das Fahnenzeichen zum Start. So wurde ich dann von oben und von unten gegrillt und wunderte mich nach dem Verlassen der Piste in Richtung Waldweg, dass ich eine klebrige schwarze Masse im rechten Schuh und an der Socke zu beklagen hatte. Es muss wohl an meinem Laufstil im Fohlengalopp gelegen haben, dass ich soviel schwarzes Zeug hochgewirbelt habe. Die örtliche Straßenmeisterei von Marey-sur-Tille hat sich auf jeden Fall bereit erklärt, die erforderlichen Instandsetzungskosten des der Schuhwerkes zu übernehmen. Die Sohlen meiner Lowa-Boots haben die Geschichte hingegen erstaunlicherweise schadlos überstanden.

Die abenteuerliche Geschichte meiner heutigen Bettstätte erzähle ich dann erst morgen, sonst komm ich ja gar nicht mehr zur dringend gebotenen Nachtruhe.

Bon nuit de Grancey-le-Château

Die Bilder des Tages:

Der Pilger vor dem Haus der Familie Naudet
Bienen 🐝 und Hummeln sind dieses Jahr viel zu kurz gekommen, oder gibt es sie vielleicht auch in Frankreich 🇫🇷 gar nicht mehr so häufig ?
Rotes Gartentor
Cârte d‘dor Schmetterling 80 % Schokolade
Im Zauberwald
„eigentliches Tagesziel“ Is sur Tille erreicht!
„kleine“ Pilgerbelohnungen
Sightseeing in Is-sur-Tille
Marcilly-sur-Tille, Holland oder was?
Der Caminopilger wandert 2022 noch 4 Tage auf dem Chemin des Allemandes!

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